Mühlviertler Alm Weidegans

Mühlviertler Alm Weidegänse (Foto: BMLFUW/Rita Newman)
Mühlviertler Alm Weidegänse (Foto: BMLFUW/Rita Newman)

Ihr dunkles Fleisch ist äußerst geschmackvoll und zeichnet sich durch ein gutes Safthaltevermögen aus.

Das Mühlviertel
Das Mühlviertel liegt im Granit- und Gneishochland nördlich der Donau, zwischen Jochenstein und Strudengau in Oberösterreich. Sein Name leitet sich von den drei Flüssen Große Mühl, Kleine Mühl sowie Steinerne Mühl ab. Es grenzt im Westen an Bayern, im Norden an Böhmen und im Osten an das niederösterreichische Waldviertel. Die Region liegt im mitteleuropäischen Übergangsklima, das von atlantischen und kontinentalen Einflüssen geprägt ist. Charakteristisch sind milde Sommertage mit kühlen Nächten und raue Winter. Das ganze Jahr über regnet es ausreichend und die Luftfeuchtigkeit ist hoch. Die granithaltigen und von frischem Quellwasser gespeisten Böden bieten zusammen mit den klimatischen Gegebenheiten optimale Voraussetzungen für eine artenreiche Flora. Hier wachsen etwa das Berg-Alpenglöckchen (lat. Soldanella montana), der Wiesenklee (lat. Trifolium pratense), die Gemeine Schafgarbe (lat. Achillea millefolium) und der Raue Löwenzahn (lat. Leontodon hispidus). Inmitten dieser unberührten Natur weiden die Mühlviertler Alm Weidegänse. Die naturnahe Haltung leistet einen nachhaltigen Beitrag zur Erhaltung der regionalen Kulturlandschaftspflege. Bislang kaum bewirtschaftete Wiesenflächen, oftmals auf einer Seehöhe von bis zu 1000 m, können so extensiv genützt und gepflegt werden. Zentren der Gänsehaltung sind die Gemeinden Pierbach, Königswiesen, Mönchdorf, Liebenau, Bad Zell, St. Leonhard und Schönau.

Mühlviertler Gänsetradition
Gänse werden im Mühlviertel schon lange gehalten. Über Jahrhunderte wurden sie als „Beivieh“ neben anderen Nutztieren auf Höfen gehalten. Sie sollten vorwiegend die wertvolle Daune für Polster und Decken liefern. Erst viel später lernte man ihr Fleisch als Delikatesse schätzen. Vor allem die Klöster, wo Festessen meist üppiger ausfielen, erfreuten sich der schmackhaften Gans. Laut einem Speisezettel des Stiftes Mondsee in Oberösterreich aus dem Jahr 1632 sollen zum Festtag des hl. Martin neben anderen Köstlichkeiten sage und schreibe 129 Gänse aufgetischt worden sein.

Langsam ging die Tradition allerdings verloren. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hatte den für die Gänse notwendigen Lebensraum teilweise zerstört, zudem wollten immer weniger Bauern die Gänsefedern selbst am Hof erzeugen. Ab den 1950er Jahren war die schmackhafte Gans von den Höfen beinahe ganz verschwunden. Erst in den 1990er Jahren begann ein Umdenken. Auf Initiative der Landwirtschaftskammer Oberösterreich und der Bezirksbauernkammer Freistadt wurde im Jahr 1992 das Projekt „Mühlviertler Weidegans“ gestartet. Etwa zeitgleich startete das überregionale Projekt „Österreichische Weidegans“, das sich aus neun Weidegansprojekten in Ober- und Niederösterreich, Kärnten, Salzburg, Vorarlberg und im Burgenland zusammensetzt. Gemeinsames Ziel ist die regionale Versorgung aller Bundesländer mit frischen Weidegänsen. Und für viele Bauern stellt die Gänsehaltung eine gute Möglichkeit zum Nebenerwerb dar.

Mühlviertler Alm Weidegans
Gänse (lat. Anserinae) zählen zur Familie der Entenvögel und werden in Wild- und Hausgänse unterteilt. Die heutige Hausgans stammt von der Wild- oder Graugans ab. Die Hausgans ist weiß gefiedert, Männchen und Weibchen lassen sich anhand äußerer Merkmale nicht unterscheiden. Mit 10–12 Monaten sind Gänse geschlechtsreif und können pro Jahr 50–60 Eier legen. Sie sind auch die einzige Geflügelart, die Weidegras verdauen kann, dadurch sind Gänse für die Haltung in Grünlandgebieten bestens geeignet.

Mühlviertler Alm Weidegänse werden artgerecht und naturnah gehalten. Die Betriebe werden regelmäßig durch einen Fachberater kontrolliert. Jene Bauern, die nach strengen biologischen Richtlinien wirtschaften, werden zusätzlich von unabhängigen zertifizierten Stellen überprüft. Ihre Gänse sind mit einem speziellen Bio-Gütesiegel ausgezeichnet. Die Gänseküken stammen von einer Gänseherde im Hausruckviertel ab, wo sie Landwirte zukaufen.

Im Mai werden die jungen Tiere in einem warmen, mit Stroh eingestreuten Stall eingestellt und behutsam aufgezogen. Im Alter von 2–3 Wochen tummeln sie sich bereits auf den grünen Wiesen und Weiden. Nach acht Wochen sind die Tiere voll befiedert und widerstandsfähig gegen schlechtes Wetter, dann können sie den ganzen Tag über auf der Weide grasen. In der Nacht finden sie in einem geräumigen Stall Unterschlupf.

Zu fressen bekommen Mühlviertler Alm Weidegänse hauptsächlich frisches Gras von der Weide und hofeigenes Getreide. Zu energiereiche Futtermittel wie Mais und Weizen sollen aber vermieden werden, da diese zur Verfettung der Gänse führen würden. Bevorzugt werden hingegen Hafer, Gerste, Triticale und Roggen. Das Verfüttern von Press- und Verarbeitungsrückständen wie Ölkuchen, Erdäpfelpülpe oder Biertreber ist ebenso wie das Erzeugen von Stopfleber verboten.

Längstens bis November bleiben die Gänse im Freien. Viel Bewegung, gesundes Futter und eine schonende Mästung von mindestens 26 Wochen bewirken ein wohlschmeckendes, dunkles und feinfaseriges Fleisch und eine im Vergleich dünnere Fettschicht. Das Fleisch zeichnet sich durch ein hohes Safthaltevermögen beim Braten aus.

Eine saisonale Besonderheit ab Hof
Mühlviertler Alm Weidegänse haben von September bis Weihnachten Saison. Sie werden direkt von den Produzenten ab Hof vermarktet oder sind in der regionalen Gastronomie zu finden. Der Direktverkauf ermöglicht einen persönlichen Kontakt zwischen Produzent und Konsument.

Im Mühlviertel ist bis heute das jährliche Martinigansessen am 11. November Brauch. Traditionell wird das Gansl mit Rotkraut und Erdäpfelknödel serviert. Früher wurde auch das Blut der Gänse zu „Ganslblut“ verarbeitet, das entweder zum Garnieren von gekochtem Fleisch verwendet oder mit Kartoffeln und Sauerkraut gegessen wurde. Die Daune – das wertvolle Nebenprodukt – verkaufen die Bauern als Bettware.

Quellen: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft: Traditionelle Lebensmittel 2011, Genuss Region Österreich 2011, DFS

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