Ob blond, ob braun...

Nachdem die Jagd zunehmend aus der Mode kam und der Wildtierbestand begrenzt war, musste er sich aber etwas einfallen lassen.

Erste Zuchterfolge
Vermutlich war es ein Mann mit einem besonders unausgeglichenen Testosteron-Haushalt, der die abenteuerliche – um nicht zu sagen verrückte – Idee hatte, statt einer kleinen Wildziege einen wilden Auerochsen mit der Größe eines Lieferwagens und bis zu 80 cm langen Hörnern einzufangen. Vielleicht war es aber auch nur ein Kalb, dass er dem Muttertier entreißen konnte, um es dann liebevoll großzuziehen ehe es sich in ein unberechenbares Monster verwandelte. Wie auch immer, nach heutigem Wissensstand durfte der Wagemutige bei der Auswahl des Wildtieres nicht wählerisch sein, denn laut einer aktuellen Studie der Universität Mainz, in der zahlreiche DNA-Analysen prähistorischer Knochenreste durchgeführt wurden, kommt Professor Joachim Burger mit seinem Team zu dem Schluss, dass unsere Hausrinder von nur 80 weiblichen Auerochsen aus dem Gebiet zwischen der Türkei und dem Irak abstammen. Die Forschergruppe errechnete außerdem, dass es rund 2.000 Jahre dauerte, bis die schwer zähmbaren Kolosse domestiziert waren ehe sich daraus die zahlreichen Rassen entwickeln konnten.

Vererbungslehre
Die systematische Tierzucht nach genetischen Regeln setzte erst nach den Entdeckungen Gregor Johann Mendels am Ende des 19. Jahrhunderts ein. Wurden die Tiere zuvor nach Kriterien gekreuzt, um Inzucht zu vermeiden, traf man seit Mendels Vererbungslehre die Auswahl der Kreuzungspartner (Bulle und Kuh) nach klimatischen und geografischen Gegebenheiten. Daraus entstanden je nach Anpassungsfähigkeit der Tiere zahlreiche regionale Rassen.

Drei Nutzungsarten
Beim Nutzen wird heute zwischen Milchrassen, Fleischrassen und Zweinutzungsrassen unterschieden. Laut Dr. Andreas Steinwidder vom Institut für Biologische Landwirtschaft und Biodiversität der Nutztiere (vgl. Qualitäts-Rindermast im Grünland) ist man im Produktionszweig Rindermast vorwiegend darauf ausgerichtet, möglichst hohe Mast- und Schlachtleistungen zu erzielen. Das führt dazu, dass (männliche) Kälber von milchbetonten Rassen aufgrund des geringeren Muskelfleischanteils eher in die Kälbermast gehen. Das bedeutet, dass die Tiere aus wirtschaftlichen Gründen nicht zur Ausamst vorgesehen sind, weil die Ausschlachtung und Futterverwertung im Gegensatz zu fleischbetonten Rassen verringert ist.  

Bei den Fleischrassen wird hingegen zwischen kleinrahmigen (Aberdeen Angus, Schottisches Hochlandrind etc.), mittelrahmigen (Fleckvieh, Limousin, Galloway etc.) und großrahmigen Rassen (Charolais, Blonde d´Aquitaine etc.) unterschieden. Großrahmige Fleischrassen zeigen in der Mast einen hohen Eiweißansatz und hohe tägliche Zunahmen. Um jedoch auch eine gute Fettabdeckung des Schlachtkörpers und damit die für die sensorische Qualität so wichtige Fetteinlagerung im Fleisch (Marmorierung) zu erreichen, müssen großrahmige Fleischrassen in der Endmast intensiv und auf ein höheres Mastendgewicht gemästet werden als frühreife, kleinrahmige Mastrassen, bei welchen die Fetteinlagerung schon früher und auch unter extensiven Fütterungsbedingungen stattfindet.

Zweinutzungsrassen liegen hinsichtlich ihrer genetisch bedingten Eigenschaften zwischen milchbetonten und fleischbetonten Tieren, wobei man jedoch mit einer größeren Variabilität hinsichtlich Mast- und Schlachtleistung rechnen muss. Das heißt je nach Gebrauch und Wirtschaftlichkeit halten Mastbetriebe und Milchbauern unterschiedliche Rinderrassen, wobei sich in der jüngeren Vergangenheit global Hochleistungsrassen gegenüber einer Vielzahl gut angepasster, regionaler Rinderrassen durchgesetzt haben.

Vielfalt statt Einfalt
Dennoch wächst auch die umwelt- und qualitätsbewusste Fangemeinde alter Rassen kontinuierlich. Gastronomen und Hobbyköche interessieren sich zunehmend für die geschmacklichen Eigenheiten regionaler Rindfleischsorten und scheuen dabei auch nicht die preislichen Unterschiede zu konventionellem Rindfleisch. Das kommt vor allem kleineren Zuchtbetrieben und Bauernhöfen zu gute, die sich dem Erhalt und der Aufzucht regioneler Rassen verschrieben haben. Mit dem Kauf von Rindfleischspezialitäten, wie etwa dem Fleisch vom Zickentaler Moorochsen, fördert man nicht nur heimische Betriebe und den Erhalt seltener Rassen, sondern sorgt auch für mehr Vielfalt im Handel und letztlich auf dem Teller.

Quelle: Red. 2012

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