Gulasch

Nicht nur in Wien, sondern in ganz Österreich zählt Gulasch zu den typischen Wirtshausspeisen. Zudem gehört es untrennbar zum klassischen Angebot beim Wiener Gabelfrühstück und bei der Mitternachtsjause.  

Ungarisches Hirtenfleisch  
Das Fleischgericht „gulyás hús“ (= Rinderhirtenfleisch), kurz „gulyás“ genannt, war in seiner ursprünglichen Form eine einfache Suppe aus Fleisch und Zwiebeln, die Rinderhirten in der Puszta bereits im Mittelalter über offenem Feuer in einem offenen Kessel kochten. Während in Ungarn noch heute unter dem Begriff „Gulyás“ eine Suppe verstanden wird, entspricht dem in Österreich bekannten Gulasch am ehesten das ungarische „Pörkölt“.  

Die Geschichte des Gulyás hängt eng mit der des Paprikas zusammen, der im 16. Jahrhundert durch die türkische Besatzung nach Ungarn kam. Da sich Paprikapulver sehr gut anstelle des teuren Pfeffers verwenden ließ, begann man sehr viele Speise damit zu würzen. So auch das Gulaschfleisch, das auf diese Weise zu seinem typischen pikanten Geschmack kam.  

Gulasch – ein kulinarischer „Import“  
Lange galt das „gulyás hús“ als ungarisches Nationalgericht, das hauptsächlich von Bauern und Hirten gegessen wurde. Erst im Zuge des aufkeimenden Nationalbewusstseins der Ungarn am Ende des 18. Jahrhunderts gelangte das Gericht in die Küche gehobener sozialer Schichten. Dadurch kam Gulasch in allen Kreisen in Mode und verbreitete sich auch außerhalb Ungarns rasch. Die Wiener Küche nahm das „paprizierte“ Hirtenessen in ihr Repertoire auf und modifizierte das ungarische Gericht auf Wiener Art. Die Wiener Köchinnen und Kochbuchtautorinnen unterschieden  jedoch zwischen einem ungarischen Gulyás und einem Wiener Gollasch bzw. Gulasch.  

Die Wiener bereiteten ihr Gulasch zunächst aus zartem Rindslungenbraten zu. Damit die Sauce dickflüssige Konsistenz bekam, begann man das Gericht mit Mehl zu stauben. So wurde Gulasch in Österreich rasch salonfähig. Erst später wurde das wesentlich billigere und besser bindende Fleisch des Wadschinkens für Gulasch verwendet. Die bäuerliche Küche bereitete Gulasch meist ohnehin aus Schweinefleisch zu.  

Gulasch, wie wir es heute kennen und schätzen, ist ein mit Paprika gewürztes Fleischragout vom Rind, Kalb, Schwein, Huhn, Lamm oder Hammel. Das „Geheimnis“ seines Gelingens liegt im langsamen, mehrere Stunden andauernden Dahinköcheln des würfelig geschnittenen Fleisches im eigenen Saft – fast ohne Flüssigkeitszugabe – zusammen mit Zwiebeln und Gewürzen. Als besonders schmackhaft gilt es nach mehrmaligem Aufwärmen, denn durch das lange Warmhalten gewinnt der Saft an Sämigkeit und Geschmacksintensität. So sagt schon das Sprichwort: „Aufgwärmt is nua a Gulasch guat.“  

Gulaschvariationen  

  • Rindsgulasch
    Rindsgulasch gilt als Klassiker unter den zahlreichen österreichischen Gulaschvariationen. Man bereitet es traditionell aus dem Wadschinken zu. Dazu kommen Zwiebeln, Paprikapulver, Majoran, Kümmel, Salz, Tomatenmark und ein Spritzer Essig. Zusätzlich wird das Ragout mit Mehl gebunden.
     
  • Wiener Saftgulasch
    Das sogenannte Wiener Saftgulasch wird wie Rindsgulasch hergestellt, jedoch nicht mit Mehl gestaubt. Die Bezeichnungen Rindsgulasch und Wiener Saftgulasch werden allerdings oft synonym verwendet.  

  • Fiakergulasch
    Fiakergulasch wiederum nennt man Rindsgulasch, das mit gebratenen Frankfurtern, Spiegelei sowie einem fächerartig aufgeschnittenen Essiggurkerl verfeinert und oftmals mit einem Knödel als Beilage serviert wird.  

  • Kalbsgulasch
    Kalbsgulasch besteht aus Kalbfleisch, bevorzugt von der Schulter, abgerundet durch Sauerrahm.   

  • Szegediner Gulasch
    Eine ebenfalls mit Sauerrahm verfeinerte und zusätzlich noch mit Sauerkraut gekochte Abwandlung ist das Szegediner Gulasch, das das Restaurant „Zur Spieluhr“ angeblich spontan als „Székely-Gulasch“ für den Budapester Bibliothekar Székely kreiert haben soll. Auch der Schriftsteller József Székely (1825–1895) sowie der Maler Bertalan Székely (1835–1910) könnten es erfunden haben.  

  • Székler Gulasch
    Die in Anlehnung an die Bewohner von Szeged als Székler Gulyás bezeichnete Gulaschspezialität ist wieder eine völlig andere Spielart, die ohne Sauerkraut zubereitet wird. Der Grund, warum das „Székely-Gulasch“ in Wien unter der Bezeichnung „Szegediner Gulasch“ zu Popularität kam, könnte darin liegen, dass die Wiener den ungarischen Namen schlichtweg falsch verstanden haben.  

  • Gulaschsuppe
    Dem echten ungarischen Gulyas entspricht die Wiener Gulaschsuppe, die Genießer aus klein geschnittenen Rindfleischwürfeln mit Zwiebeln, Paprikapulver und Erdäpfelstückchen gekocht bevorzugen. Noch heute kennt man für ihre Zubereitung die traditionelle „Gulaschkanone“, die sich vor allem während des Ersten Weltkrieges als rollenden Feldküche durchsetzte und auch für zahlreiche weitere Suppen Verwendung fand.  

Weitere bekannte Gulasch-Varianten: Bauerngulasch, Esterházy-Gulasch, Sachergulasch, (Nasch-)Marktgulasch, Herrengulasch, Kaisergulasch, Salongulasch, Zigeunergulasch, Serbisches Gulasch, Znaimer Gulasch.

Mittlerweile hat die Bezeichnung „Gulasch“ für ein Ragout mit gedünsteten Zwiebeln und mit Paprika gewürzt so allgemeine Bekanntheit erlangt, dass sie auch für fleischlose Spielarten wie Bohnen- oder Eierschwammerlgulasch verwendet wird. Das Wiener Erdäpfelgulasch, ein einstiges „Arme-Leute-Essen“, enthält ebenfalls kein Rindfleisch. Der mit Suppe oder Wasser aufgegossene Eintopf besteht aus Erdäpfeln, geschnittener Wurst, Zwiebeln, Paprikapulver, Pfeffer, Majoran und Knoblauch.

Quellen: Sommer 2011, Kulinarisches Erbe Österreich, DFS

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