Kalbssteaks für Profis

Wir versorgen Sie daher nicht nur mit genaueren warenkundlichen Informationen zu den einzelnen Partien des Kalbsschlögels, sondern haben den ultimativen Test gemacht und alle Teilstücke vom Schlögel als Steaks gegrillt – der Vergleichbarkeit halber nur mit Öl eingestrichen, respektive mit etwas Meersalz sowie frisch gemahlenem schwarzen Pfeffer gewürzt. Als Grillgerät haben wir einen Gasgriller mit Gussrost (Q 300) gewählt und sind beide Brenner auf niedrigster Stufe gefahren, denn grundsätzlich gilt: Das zarte Fleisch vom Kalb mag es eher sachte. Den Garpunkt bestimmten wir weder mit Uhr noch Thermometer, sondern mit dem guten, alten Daumentest. Und natürlich will Kalbfleisch innen rosa bleiben – alles andere ist ewig schade.

Kaiserteil. Durch seine ideale Form und die feine Faserung ist die Schale, die nicht von ungefähr auch „Kaiserteil“ heißt, das meistverwendete Teilstück für die Zubereitung von Schnitzeln oder Rouladen. In Wahrheit besteht sie aus dem grobfasrigen „Schalendeckel“ sowie aus zwei durch eine Bindehaut getrennte Muskeln, die man für Steaks auch entsprechend zerlegen sollte: Die eigentliche Schale, beim Rind auch „Beinscherzel“ genannt und das ganz formidable „Schalenscherzel“, das beim Rind als „Schwarzes Scherzel“ Entsprechung findet.

Letzteres hat uns dann auch gleich einen besonders gelungenen Einstieg in die Kalbssteak-Testreihe beschert. Vor allem deswegen, weil es auffallend mürb und saftig war und auch das Fleischaroma beeindruckte. Beim Beinscherzel hingegen merkte man sofort die etwas festere Fleischstruktur, was sich jedoch nur unwesentlich auf den Geschmack auswirkte, sondern einzig und allein auf die Bissfestigkeit.

Nuss. Die Nuss ist ebenfalls ein beliebtes Teilstück, das sowohl im Ganzen als Braten wie portioniert Verwendung findet. Auch hier wieder: Eigentlich besteht die Nuss aus unterschiedlichen Fleischsorten, der „Runden Nuss“ und der „Flachen Nuss“ sowie dem „Nussdeckel“. Die Runde Nuss hat ideale Steak-Form und einen herzhaften Geschmack. Sie können dieses Fleisch ruhig etwas kräftiger würzen, aufgrund seiner robusteren Struktur verträgt es das locker. Probieren Sie zum Beispiel einmal ein etwas dicker geschnittenes Kalbs-Pfeffersteak aus der Runden Nuss. Ganz wichtig allerdings: Schneiden Sie das Bindegewebe am Rand weg oder ein, sonst „schüsselt“ das gute Stück. Als ebenfalls sehr herzhaft, allerdings mit einem kleinen Tick Leber im Geschmack, entpuppte sich die Flache Nuss. Damit ist sie ein idealer Kandidat für entsprechende Rezepturen mit Zwiebeln und einem Spritzer Balsamico-Reduktion.

Fricandeau. Wer das „Fricandeau“ vom Kalb fachgerecht zerlegt, erhält sogar gleich fünf einzelne Teilstücke: Den „Spitz“, den „Mittelteil“, die „Rolle“, den „Zapfen“ und das sogenannte „Weiße Scherzel“. Gut von den Bindehäuten befreit, kommen Steaks, die aus diesen Partien geschnitten werden, dem Schwarzen Scherzel sehr nahe. Wunderbares Mouthing, perfekter Fleischgeschmack im Abgang.

Tafelspitz. Sehr beliebt ist der Kalbstafelspitz derzeit in der Gastronomie, wo er gerne im Ganzen bis zu einer Kerntemperatur von etwa 60 Grad rosa pochiert oder gebraten wird. Tatsächlich eignet er sich aber auch ganz hervorragend als Steak für den Grill. Vorausgesetzt man entfernt auch hier das Bindegewebe gründlich, wird das Fleisch sehr saftig, sehr weich und vor allem sehr aromatisch. Der Tafelspitz hat zwar gegenüber anderen Teilen vom Schlögel eine etwas gröbere Fleischstruktur, was jedoch durch extreme Weichheit locker kompensiert wird.

Schlussbraten. Das saftige und sehr zarte Teilstück aus der Hüfte ergibt für Kenner die allerbesten Schnitzel, wird aber auch oft im Ganzen gebraten, wie der Name schon sagt. Und es ist mit Sicherheit eine der besten Ideen für Kalbssteaks. Aber auch hier sind es eigentlich drei Teile, über die wir sprechen: Der „Deckel“, der „Zapfen“ und das eigentliche „Hüftsteak“. Sowohl Zapfen als auch Hüftsteak ergeben ganz hervorragende Steaks, die vielleicht noch etwas über dem Schwarzen Scherzel zu reihen sind: zart im Biss, hervorragend im Geschmack, butterweich beim Aufschneiden. Fazit: Alle Teile des Kalbsschlögels sind vorbehaltlos für Grill-Steaks zu empfehlen. Es lohnt aber durchaus, hier beim Einkauf neugierige Fragen nach den Details zu stellen.

Quelle: GrillZeit 02/2010

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