Gütesiegel-Durchblick

Mehr Schein als Sein. Eine gewisse Hochstapelei in Sachen Aufmachung, Herkunft und Qualitätssicherung gehört für manche Marketingabteilungen quasi zum Handwerkszeug. Besonders störend ist das bei jenen Nahrungsmitteln, die einen besonders hohen Anspruch an Natürlichkeit haben – allen voran Frischfleisch, das hierzulande nicht nur gänzlich frei von E-Nummern und Konservierungsmitteln, sondern sogar das bestkontrollierte Lebensmittel der Nation ist. Nicht ohne Grund also ist der Österreicher gerade bei diesem Thema unerschütterlicher Patriot und greift bevorzugt zu garantiert Heimischem – glaubt er jedenfalls.

Identitätskrise im Kühlregal. Leider ist aber nicht alles Gold, was glänzt – und nicht einmal rot-weiß-rot. Eine Flagge am Etikett sagt nämlich rein gar nichts über die Herkunft und Qualität der Rohstoffe aus – genauso wenig wie ein Lodenjanker über jene seines Trägers. Wer in der Werbung „A“ sagt, muss nämlich noch lange nicht „B“ sagen: Selbst der amtliche „AT“-Stempel auf der Schwarte des Schinkens ist fast schon so etwas wie unbeabsichtigter Etikettenschwindel, denn dabei handelt es sich lediglich um die sogenannte „Genusstauglichkeits-Kennzeichnung“. Diesen Stempel erhalten auch Importschweine, die samt und sonders durch die amtliche Kontrolle österreichischer Tierärzte müssen, bevor sie geschlachtet werden. „AT“ steht hier also nur für den Standort des Schlachthofes, dazu kommen die Kenn-Nummer des Tierarztes und die Zulassungsnummer des Betriebes.

Noch widersprüchlicher ist die sehr ähnlich aussehende, sogenannte „Identitätskennzeichnung“ für Produkte tierischer Herkunft, die eigentlich gar nichts über die Identität des Rohstoffes aussagt. Das „AT“ steht hier nur für jenes Land, in dem der letzte Verarbeitungsschritt oder auch nur die Verpackung erfolgt ist – in diesem Fall also Österreich.
Selbst das einst so beliebte Austria-Zeichen (Made in Austria) weist bei Lebensmitteln eigentlich nur aus, dass mindestens 50% der Wertschöpfung in Österreich erfolgen, für kritische Konsumenten also kein allzu relevanter Wert. Sogar die Nationalflagge steht nicht einmal dann zwingend für irgendwelche Garantien, wenn sie mit der Behauptung „aus Österreich“, „Qualität aus Österreich“ oder dergleichen gekoppelt wird.

Nummer sicher. In Wahrheit gibt es in Österreich nur ganz wenige Gütesiegel, die staatlich anerkannt sind und dementsprechend strenge Auflagen sowie deren unabhängige Kontrollen garantieren. Am bekanntesten ist hier zu Recht das „AMA-Gütesiegel“, das bei Frischfleisch tatsächlich für lückenlose Herkunftssicherung steht. „Zu 100 % in Österreich geboren, gemästet und geschlachtet“ lauten die diesbezüglichen Richtlinien, dazu kommen strenge Auflagen hinsichtlich Haltung, Fütterung, tierärztlicher Kontrollen etc. Die Überwachung erfolgt durchgängig von der Zucht bis in die Verkaufstheken des Handels.

Österreichisches Bio-Zeichen. Dieses Prüfzeichen wurde vom Landwirtschaftsministerium geschaffen und wird ebenfalls von der Agrarmarkt Austria (AMA) vergeben und kontrolliert. Es garantiert, dass das Produkt die gesetzlichen Qualitätsanforderungen erfüllt und aus biologischem Landbau stammt. Das rote Bio-Zeichen garantiert, dass 100 Prozent der Rohstoffe, die im Inland hergestellt werden können, auch aus Österreich kommen (kleine Toleranzen bei Verarbeitungsprodukten sind zulässig), die schwarze Variante des Siegels kennzeichnet hingegen Bio-Produkte aus anderen europäischen Staaten.

Quelle: GrillZeit 01/2011

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