Die Feierwurst
Bratwurstweihnachten
Wenn es weihnachtet, darf es ja meist ein wenig aufwendiger sein. Jetzt werden so viele Karpfen geschuppt, Gänse gerupft und Truthähne gefüllt wie sonst das ganze Jahr nicht. Und mit ganz vorne auf der Beliebtheitsskala der Festtagsgerichte liegt in Österreich – wie auch in anderen europäischen Ländern – die schlichte, aber sehr delikate Bratwurst.
Nicht ohne Grund, denn eine ganze Reihe gemeinsamer Mahlzeiten in einer ebenso langen Reihe von Feiertagen, die bis weit ins neue Jahr hineinreichen, bringt erfahrungsgemäß den Segen familiärer Gemeinsamkeit, oft aber auch Mühe und Zwist. Da ist der Conveniencegrad, den eine Wurst vom Grill bietet, eine hochwillkommene Abwechslung und das Ergebnis nicht zuletzt auch kulinarisch besonders mehrheitsfähig.
Brauchtum mit zwei Zipfeln
Ganz abgesehen von den rein praktischen Erwägungen gibt es aber auch uralte, regionale Wurst-Traditionen vor und zu Weihnachten. In großen Teilen Salzburgs und Oberösterreichs etwa ist der erste Sonntag im Advent seit alters her „Bratwurstsonntag“, an dem ganz bestimmte Wurstsorten, vorzugsweise mit Sauerkraut und gerösteten Erdäpfeln, verzehrt werden. Jenseits der Grenze in Bayern isst man die Bratwurst hingegen meist mit Sauerkraut und Erdäpfelpüree (siehe Titelbild).
Auch eine gute Idee finden wir, eine delikate Rohbratwurst mit Mashed Potatoes aus den mehligen „Highlander Burgundy Red“ sowie gerösteten Zwiebelringen zu servieren – eine wirklich sehr festtagstaugliche Kombination (siehe Abbildung 1). Bunte Erdäpfel sehen übrigens nicht nur attraktiv aus, sondern sind durch den Farbstoff Anthocyane sehr gesund und beugen Kalkablagerungen in den Arterien vor.
Salzburger Bratwurst. Die echte Salzburger Bratwurst besitzt ein besonders feines Brät, das ein wenig an jenes der Kalbsbratwurst erinnert, und ist außerdem ein ordentliches Kaliber. Die Basis für die Salzburger Bratwurst bildet tatsächlich ebenfalls zartes Kalbsbrät, zusätzlich wird in die Brätmasse noch Weißbrot gemengt. 15 bis 18 dag soll sie dann schon haben, und ihr beachtlicher Durchmesser verhindert auch erfolgreich, dass die Wurst nach dem Grillen schrumpelig wird. Kenner schätzen es zudem, wenn die Haut auf dem Rost ein wenig platzt und schön knusprig wird.
Mettenwurst. Die „Mettenwurst-Tradition“ hat ihre Wurzeln im religiösen Brauchtum und beendete nach der Christmette dazumals den weihnachtlichen Fasttag. Oft stammten die Mettenwürste (meist Blut- und Leberwürste) aus eigener Produktion, denn die Hausschlachtung war vor Weihnachten auf allen Bauernhöfen üblich. Die armen Leute gingen zu den Bauern „Wurstbitten“. Heute kommt die frische Leberwurst für diesen schönen Brauch natürlich vorwiegend aus dem Kühlregal. Unser Vorschlag für die Weihnachts-Version: Mettenwurst mit Quitten und Weißkraut (siehe Abbildung 2).
Bratwurst-Weihnachten international
In Deutschland und Schlesien ist die Bratwurst bzw. Bockwurst mit Erdäpfelsalat überhaupt das am weitesten verbreitete Gericht am Heiligen Abend – und wohl auch sonst zu den Feiertagen. Doch nicht immer fällt das so schlicht aus, wie es im ersten Moment klingt. Die Schlesische Bratwurst beispielsweise hat eine große Ähnlichkeit mit der Weißwurst aus Bayern. Zu ihrer Herstellung wird vor allem Kalbfleisch verwendet, das unter Zugabe von Eis sehr fein gekuttert und mit Weißwein, Macisblüte und Zitrone gewürzt wird.
Oft wird sie in Butter gebraten, meist aber mit einer aufwendigen Biersoße aus Lebkuchen, Suppe, Schwarzbier, Rosinen und Mandeln serviert, deren Ursprung bis ins Mittelalter zurückreicht. Als Beilage gibt es Sauerkraut und Salzerdäpfeln oder dunkles Brot.
In Schweden wird zu Weihnachten unter anderem die „Julkorv“ gerne gegessen, eine besondere, eher grobe Bratwurst, die oft im Eigenbau aus Rindfleisch, Schweinefleisch, Speck und Erdäpfeln hergestellt wird. Gewürzt wird v.a. mit Ingwer, Nelken, Piment, Salz und Pfeffer. Die Selbstversorgung hat hier Tradition – selbst die Königsfamilie soll die Zubereitung eigenhändig vornehmen und nicht den Bediensteten überlassen.
In Luxemburg gibt es oft Blutwurst am Heiligen Abend – meist mit Stampferdäpfeln und Apfelsauce. Und das traditionelle Essen der Erzgebirgler zu Weihnachten ist Bratwurst mit Linsen.
Quelle: GrillZeit 03/2011