Fleckvieh

Im Laufe der Zeit hat sich das Fleckvieh zur erfolgreichsten Rinderrasse Österreichs entwickelt. Und das zu Recht, gilt es doch als besonders anpassungsfähig und ist daher sowohl in alpinen Regionen als auch in Flachlandzonen weit verbreitet. Als Zweinutzungsrind besticht das Fleckvieh zudem durch hervorragende Milchleistung in Kombination mit ausgezeichneter Fleischqualität. Darüber hinaus gilt es als sehr gut geeignet für die Mutterkuhhaltung.

Schweizer Wurzeln
Die Geschichte des Fleckviehs geht auf Hausrinder des Schweizer Simmentals im Berner Oberland zurück: Diese Region erlangte bereits im Mittelalter Bekanntheit für ihre großwüchsigen, gescheckten Rinder, die aus verschiedenen lokalen Rinderschlägen entstanden waren. Die Zucht der Simmentaler begann nachweislich im 13. Jahrhundert im Schweizer Kloster Einsiedeln. Freiherr Rudolf II. von Waediswil hatte zu dieser Zeit die Aufsicht über die dortige Rinderzucht. Der Aristokrat soll die Tiere vom Kloster ins Simmental gebracht haben, wo es Heimatrecht und aller Wahrscheinlichkeit nach seinen heutigen Namen erhielt. Etwa ab 1459 begannen auch Bauern mit dem Züchten von Simmentaler Fleckvieh.

Wegen seiner guten Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Klimaverhältnisse, seiner Fruchtbarkeit sowie der guten Milch- und Fleischleistung wurde das Rind bereits in historischer Zeit zu einer der beliebtesten Rassen weltweit. Angeblich war das Simmentaler Fleckvieh so begehrt, dass es bis an den russischen Hof in St. Petersburg gelangte.

Erfolgreiche züchterische Bemühungen
Nach Österreich wurden die ersten Simmentaler im Jahr 1830 gebracht. Zu jener Zeit waren diese Rinder zwar bekannt für ihre Milch- und Zugleistung, jedoch spätreif und großknochig mit geringer Tiefe. Nach und nach wurde durch Einkreuzung anderer Rassen versucht, mittelrahmige Tiere mit sehr guter Bemuskelung sowie guter Milchproduktion und Zugleistung zu züchten. Dazu kamen zahlreiche lokale Zweinutzungsrassen wie etwa Weißkopfschecken, Rotscheckenvieh, Ennstaler Bergschecken, Welser, Innviertler und Pustertaler Schecken sowie Ober- und Unterinntaler und Zillertaler zum Einsatz. So entstand schließlich eine eigenständige österreichische Fleckvieh-Rinderrasse.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann das leistungsstärkere Fleckvieh andere Rassen, etwa Ennstaler Bergschecken oder Waldviertler Blondvieh, zunehmend zu verdrängen. Als dann um 1950 auch noch eine Infektionskrankheit, die Abortus-Bang-Seuche, bei Rindern ausbrach, nutzten viele Bauern die Notschlachtung der Tiere, um auf die Haltung von Fleckvieh -umzusteigen.

Im Jahr 1950 wurde die Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Fleckviehzüchter (AGÖF) gegründet. Die Arbeitsgemeinschaft strebt auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene eine bestmögliche Kooperation im züchterischen Bereich sowie die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Fleckvieh haltender Betriebe durch modernes Marketing an.

In den 1960er Jahren begann man in Österreich mit Mutterkuhhaltung auf Basis des heimischen Fleckviehs. Daraus entstand die spezielle Zuchtrichtung „Fleckvieh-Fleisch“. Im Jahr 2000 entwickelte die Arbeitsgemeinschaft der Fleckviehzüchter das gemeinsame Zuchtprogramm „Fleckvieh Austria". Als Ziel wird seither die wirtschaftliche Verbesserung der Milch- und Fleischproduktion des Fleckviehs angestrebt.

Durch die züchterischen Erfolge hat sich Fleckvieh über die Jahrzehnte zur wichtigsten Rinderrasse in Österreich entwickelt. Während Fleckvieh 1947 nur 36 Prozent des gesamten österreichischen Rinderbestandes ausmachte, waren es 1978 bereits rund 75 Prozent und 2009 etwa 80 Prozent.

Vital, widerstandskräftig und besonders anpassungsfähig
Die Rasse ist mittel- bis großrahmig, lang, breit und tief im Rumpf angelegt. Fleckviehtiere haben trockene, in der Stärke zum Körperbau passende Gliedmaßen mit festen Klauen und zeigen eine gute Bemuskelung. In Österreich gezüchtetes Fleckvieh kann als frohwüchsig und gut geformt beschrieben werden. Die Tiere gelten als optimale Futterverwerter. Sie weisen einen sehr guten Fleischansatz sowie lang anhaltendes Muskelwachstum auf.

Das gescheckte Haarkleid zeigt mannigfaltige Farbschattierungen, von dunklem Rotbraun bis zu hellem Gelb auf weißem Grund. Neben gescheckten finden sich gelegentlich mit wenigen weißen Flecken gedeckte Tiere. Ein wichtiges Kennzeichen der Rasse bilden das breite rosa Flotzmaul und der weiße Kopf, wobei im Augenbereich häufig Augenringe bzw. Pigmente vorkommen. Österreichisches Fleckvieh zeichnet sich durch exzellente Vitalitätsmerkmale, gute Fruchtbarkeit, lange Nutzungsdauer, problemlose Geburten und starke Widerstandskraft aus.

Dank ihrer hervorragenden Anpassungsfähigkeit kommt die milch- und fleischbetonte Doppelnutzungsrasse auch mit den unterschiedlichsten Klima- und Produktionsbedingungen sehr gut zurecht. So erstreckt sich die Haltung des Fleckviehs beinahe über ganz Österreich: von den Niederungen des Neusiedler Sees im pannonischen, flachhügeligen Ostösterreich bis zu den niederschlagsreichen Berggebieten der westlichen Bundesländer. Fleckvieh eignet sich bestens sowohl für die Weide- als auch für die Laufstallhaltung. Ein hoher Anteil des Jungviehs wird gealpt. Dies wirkt sich sehr positiv auf ihre Gesundheit aus und führt zu Langlebigkeit der Rinder.

Artgerechte Haltung mit genügend Auslauf, eine optimale, auf die Bedürfnisse der Rinderrasse angepasste Fütterung sowie eine möglichst stressfreie Schlachtung mit kurzen Transportwegen gewährleisten, dass das Fleisch des Fleckviehs in bester Qualität seinen Weg zum Konsumenten findet. Durch seine feine Marmorierung, seine Zartheit und seinen hervorragenden Geschmack ist Fleisch vom Fleckvieh ideal für die variantenreiche österreichische Rindfleischküche: von bodenständigen, deftigen Gerichten wie etwa dem Wiener Schnitzel bis hin zum feinen Tafelspitz.

Quelle: Kulinarisches Erbe Österreich

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