Drei Gründe für die Rinderzucht

Dennoch bestanden damals wie heute drei gute Gründe, diese wertvollen Nutztiere zu halten und zu züchten:

  1. Das Fleisch der Tiere versorgt den Menschen nicht nur mit wichtigen Proteinen und Vitaminen, richtig zubereitet schmeckt es auch vorzüglich.
  2. Rinder haben sich als überaus nützlich für die Milchtierhaltung erwiesen. Milch und ihre Produkte, wie Käse, Butter und Joghurt, sind ähnlich wie Fleisch als Energiequelle für Menschen essentiell.
  3. Der Einsatz von Rindern brachte auch für die landwirtschaftliche Produktion viele Vorteile. Man denke bloß an die großen ackerbauenden Kulturen, deren Entwicklung ohne die Kraft der Zugtiere in dieser Form wohl nicht möglich gewesen wäre. Erst durch die Industrialisierung wurden Rinder in vielen Regionen der Welt als Arbeitstiere obsolet. Dennoch sind sie nach wie vor immens wichtig für die Grünlanderhaltung in ländlichen Gebieten.

Traditionsreiche Zucht
Bereits in der Jungsteinzeit, um 8.000 v. Chr., erkannten die Menschen den hohen Nutzwert der gehörnten Kolosse. Durch ihre Domestikation, also die Haltung einiger Wildrinder über mehrere Generationen hinweg, konnten sich zahme Hausrinder entwickeln, die die Grundlage für die ersten Viehzüchterkulturen bildeten. Dadurch, dass Viehhalter-Gemeinschaften von der konventionellen Nahrungsbeschaffung, dem Jagd- und Fischfang, Unabhängigkeit erlangten, konnten nun Menschen eine sesshafte Lebensweise mit festen Siedlungsplätzen einnehmen. Gemeinsam mit dem Ackerbau kennzeichnet die Viehzucht somit einen epochalen Wandel in der Menschheitsgeschichte. Das Rind als Arbeitstier, Fleisch- und Milchlieferant wurde zum Erfolgsgaranten für zahlreiche Kulturen und Völker und ist bis in die Gegenwart eines der wichtigsten Nutztiere für uns Menschen. Während der Auerochse, der Stammvater unserer heutigen Rinder, als Art bereits im Mittelalter ins Gras beißen musste, sind seine Nachkommen heute rund um den Globus verbreitet.
 
Epochales Design
Freilich haben sich Eigenschaften und Aussehen der Tiere nicht überall gleich entwickelt. Je nach Siedlungsgebiet der Menschen konnten sich die Rinder durch die jeweilige Zuchtauswahl über viele Generationen an klimatisch unterschiedliche Regionen anpassen. So veränderten sich beispielsweise Fellfarbe, Haarlänge und Größe der Tiere. Ein Auerochse erreichte im Vergleich zu den uns heute bekannten Hausrindern noch eine Schulterhöhe von 190 cm. Mit dieser Größe kann nicht einmal der italienische Chianina-Stier mithalten, der immerhin noch eine phänomenale Widerristhöhe von 180 cm erreicht. Größe allein ist aber längst nicht alles – die Viehzüchter der jüngeren Vergangenheit achten bei der Zucht eher auf andere physiologische Merkmale.

Rinder auf dem Vormarsch
Die systematisierten Zuchtmethoden führten zu neuen Rassen, die ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wegen ihrer hohen Milch- und Fleischleistung besonders gefragt waren. Seither wird die Mast- und Milchleistung der Tiere in den Industrieländern  – auch durch verbesserte Haltungs- und Fütterungsbedingungen – stetig verbessert.  Der wachsende Wohlstand in weiten Teilen der westlichen Gesellschaft, aber auch in Schwellenländern wie China und Brasilien, führt zu einer immer größeren Nachfrage nach Rinder-Produkten, was derzeit durchwegs auch kritisch diskutiert wird. Denn über 1,3 Milliarden Rindviehcher brauchen nicht nur viel Platz, sondern auch viel Nahrung. Für die Produktion von 1 kg Rindfleisch sind immerhin 9 kg Getreide erforderlich, die, sofern keine natürlichen Weideflächen wie in Österreich bestehen, irgendwo angebaut werden müssen. Oft zum Nachteil der ländlichen Bevölkerung.

Konsumenten setzen Maßstäbe
Im Kampf um die Gunst der Konsumenten ist unter internationalen Rindfleischproduzenten längst ein Wettstreit entbrannt. Viehzüchter achten beim Kauf neuer Tiere penibel auf Größe, Gewicht, Wachstum, Fruchtbarkeit, Langlebigkeit, Futterverwertung sowie Robustheit und Stressanfälligkeit eines Tieres. Nichts wird mehr dem Zufall überlassen. Darüber hinaus machen sich die Qualitätsanforderungen von Seiten der Konsumenten bemerkbar. Waren früher beim Fleischkauf vor allem Fleischmenge und Preis von Interesse, sind es heute qualitative Merkmale wie Zartheit und Marmorierungsgrad, aber auch Haltungs- und Schlachtbedingungen. Qualitätsbewusste Konsumenten achten daher beim Kauf von Rinder-Produkten immer öfter auf  heimisch gekennzeichnete Waren, um bestimmte Qualitätsstandards zu fördern und alte, regionale Rassen zu bewahren.

Österreich ist dank seiner überschaubaren Agrarstrukturen und dem hohen Selbstversorgungsgrad an Fleisch- und Milchprodukten nach wie vor eine Insel der Seligen. Die Qualitäts- und Sicherheitskontrollen haben in unseren Breiten einen ebenso hohen Stellenwert wie die Erhaltung gefährdeter Haustierrassen. Zudem ist unser Vieh häufig dreifach nützlich - es liefert sowohl viel Milch als auch Fleisch und ist für die Grünlanderhaltung von großem Wert.

Quelle: Red. 2012

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