Pannonisches Mangalitzaschwein (Wollschwein)

Ja, im Burgenland sind wieder die Wollschweine los!

Die Hutweiden des Seewinkels sind das Paradebeispiel einer schützenswerten Kulturlandschaft, die erst durch menschliche Bewirtschaftung entstand. Denn das Weideland ist nicht baumfrei, weil so unwirtliche Umstände herrschen, sondern deshalb, weil der Mensch seit Jahrtausenden seine Schweine-, Rinder-, Pferde-, Schaf-, Ziegen- und Gänse-Herden weiden ließ und lässt. Nur durch Beweidung bleibt diese Steppe weiterhin erhalten. Deshalb wurde sie zur „Bewahrungszone“ des grenzüberschreitenden Nationalparks erklärt. Und neben dem Pannonischen Mangalitzaschwein grasen wieder Ungarische Graurinder, Zackelschafe, Przewalskipferde, Weiße Esel und unzählige Graugänse. So bleibt dieser spezielle Lebensraum, wie er ist.

Ein Stammbaum bis in die Kaiserzeit
Das Wollschwein zählt zu den letzten autochthonen, einheimischen Schweinerassen, die uns bis heute geblieben sind. Seine Heimat ist das alte Österreich-Ungarn, wo es seit jeher weidet. Bis in die Zeit der Monarchie lässt sich sein Stammbaum verfolgen. 1833 soll der serbische Fürst Miloš dem Palatin von Ungarn, Erzherzog Joseph Anton, zwölf Sumadiaschweine geschenkt haben. Diese wurden mit ungarischen Rassen gekreuzt und das Mangalitzaschwein war geboren: robust, genügsam und mit einem stattlichen Speckgürtel gesegnet. Bald wurde es an der Wiener Börse gehandelt und etablierte sich als wichtiges Zuchtschwein in Europa. Und nachdem die Schweine gar so beliebt waren, setzte ihnen auch Johann Strauß ein Denkmal: im „Zigeunerbaron“ (1885). Noch bis in die Nachkriegszeit waren die Wollschweine hoch geschätzt, dann wurde es langsam still um sie. Die Engländer brachten zunehmend chinesische Rassen nach Europa und kreuzten sie in die hiesigen Landschläge ein; das Wollschwein wurde nach und nach verdrängt. Die übermächtige Konkurrenz war schneller schlachtreif und damit für die Intensivhaltung geeignet. Außerdem musste plötzlich alles so fettarm wie nur möglich sein. Da beim Mangalitzaschwein von mager keine Rede sein kann, war sein guter Ruf dahin. Bald fand es sich auf der „Liste der gefährdeten Haustierrassen“ und das Grunzen wäre ihm beinahe für immer vergangen. Erst durch die Errichtung des Nationalparks rückte die lang verpönte Wollsau wieder ins Rampenlicht. Auch die Wiederentdeckung des Geschmacks stärkte dem Mangalitzaschwein den Rücken. Heute geht es um die richtige Abwechslung und um den Genuss hochwertiger Lebensmittel – und da kann das Wollschwein einiges beisteuern.

Echt fett - Und genau deshalb so gut!
Wetterfest sind sie, dass muss man ihnen lassen. Schließlich haben sie einen Pelz statt Borsten. Und eine dicke Fettschicht, die sie vor Wind und Kälte schützt. Sie haben keine großen Ansprüche an Unterkunft und Nahrung. Beim Wachsen lassen sie sich viel Zeit, mit der Geschlechtsreife sowieso, und wenn es schließlich so weit ist, werfen sie meist sechs bis acht Ferkel auf einmal. „Abgeferkelt“ wird sowohl im tiefsten Winter als auch in der brütenden Hitze des Seewinkler Sommers. Stress ist ihnen fremd. Deshalb sind sie nicht nur gesund, sondern auch gut. Und schön sind sie sowieso. Besonders die kleinen Ferkel mit ihren silbrigen Streifen, die übrigens an ihre Vorfahren, die Wildschweine, erinnern. Doch auch die großen Wollschweine ziehen alle Blicke auf sich. Die Roten und Blonden Mangalitza ebenso wie ihre Schwalbenbäuchigen Vertreter. Sie sind, bis auf ihren weißen Bauch, ganz schwarz. Apropos Bauch: Der ist walzenförmig und berührt bei schlachtreifen Tieren fast die Erde. Daher rührt auch der Name her. Der ungarische Name „Mangalica“ bedeutet so viel wie „walzenförmig“ und könnte sich vom serbokroatischen „mangala svinija“ („Schwein, das sich gut ernährt“) oder vom rumänischen „mancare“ („essen“) ableiten. Trotz ihres massigen Körpers sind die Mangalitzaschweine äußerst „geländegängig“ und ständig auf der Achse. Deshalb vereint ihr Fett auch zwei an sich widersprüchliche Attribute: kernig und gleichzeitig zart schmelzend. „Eine unheimlich gute Fett’n“, wie Kenner schwärmen.

„Ja, mein idealer Lebenszweck ist Borstenvieh, ist Schweinespeck ...“
„Ja, auf das Schweinemästen versteh’ ich mich am besten ...“ So klingt der Schweinezüchter mit Namen Zsupán im „Zigeunerbaron“ und die burgenländischen Schweinehalter dürfen ohne weiteres mitsingen. Auch sie beherrschen die Kunst der nachhaltigen Schweinezucht. Ihren Tieren geht es „saugut“. Sie versorgen sich praktisch selbst, vermehren sich ohne menschliches Zutun, und die Ferkel werden von der Muttersau gesäugt. Acht bis zehn Wochen gibt es ausschließlich Muttermilch.

Bis das Schwein schlachtreif ist, vergehen eineinhalb bis zwei Jahre. Doch die Wartezeit lohnt sich allemal: Es bringt dann zwischen 150 und 200 kg auf die Waage und hat sich einen Rückenspeck zugelegt, der mehrere Zentimeter misst. Es ist eben eine richtige Specksau. Und weil Fett bekanntermaßen ein Geschmacksträger ist, schmeckt das herrlich marmorierte Fleisch unnachahmlich gut. Gehaltvoll und fest im Biss sollte es tunlichst nicht kurzerhand in der Pfanne landen. Was langsam wächst, soll auch langsam zubereitet werden, lautet die Philosophie der Mangalitzakundigen. In der pannonischen Küche finden sich mit Gulyás und Pörkölt auch die passenden Rezepturen für das dunkle, aromatische Fleisch. Sein Mehrwert kommt allerdings dann am besten zur Geltung, wenn es nach alter Tradition zu Rohwürsten, Speck und Schinken wird. Eine echte Renaissance erlebt der schlichte, in Salz eingelegte, schneeweiße „Kübelspeck“. Wer den Fettgehalt fürchtet, dem halten die Burgenländer ein gewichtiges Argument entgegen: Denn was Cholesterin und Fettsäuren angeht, steigt das Wollschwein im Vergleich zu herkömmlichen Rassen weit besser aus.

Quellen: DFS, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft: Traditionelle Lebensmittel 2011, Genuss Region Österreich 2011

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