Zuchtziele im Wandel der Zeit

Nischenprodukte brauchen Massenware

Die meisten Schweinrassen entstanden jedoch erst durch Züchtungen in den letzten zweihundert Jahren. Die moderne Zuchtauswahl richtet sich heute vor allem nach der Nachfrage nach Fleisch und schlägt sich entsprechend in den Wuchseigenschaften der Tiere nieder. Besonders seit den 1970er Jahren setzen sich vermehrt jene Rassen und Kreuzungen durch, die schnell ein hohes Schlachtgewicht erreichen und dabei gleichzeitig einen möglichst großen Anteil an hochwertigem Fleisch aufweisen. Diese Selektionsmaßnahmen erleichterten den Aufstieg Österreichs zum Schnitzelparadies, denn der Schweinefleischpreis ist seither konstant niedrig.

Fast Food mit Qualität
Bei der Standard-Schweinezucht kommen am häufigsten Hybride zum Einsatz. Durch die Kreuzung mehrerer Zuchtlinien werden dabei die gewünschten Markmale unterschiedlicher Rassen in einem Tier vereint.

Der Großteil der österreichischen Schweine entsteht etwa aus der Kreuzungszucht von den drei primären Zuchtrassen Edelschwein, Landrasse und Piétrain. Die Mutterlinien Edelschwein und Landrasse garantieren hohe Fruchtbarkeit und gute Fleischqualität. Der Vater Piétrain bringt durch seine Fleischmasse eine für den Landwirt rentable Mast. Die gute Qualität dieses Hybridfleisches fand bisher auch seine Bestätigung durch die Kaufentscheidung der Konsumenten.

Robust macht Lust
Mit der Folge, dass altbewährte Schweinerassen in der jüngeren Vergangenheit wegen ihrer schlechten Wuchseigenschaften und dem hohen Fettanteil zunehmend in Verruf gerieten, während deren positiven Eigenschaften außer Acht gelassen wurden. Die alten Robustrassen, die meist auch problemlos im Freien gahlten werden können, unterscheiden sich von den Hybriden nämlich durch ihre hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten und eine meist höhere Stressresistenz, aber auch durch ihre Fleischbeschaffenheit. Längst wissen Kenner um die Vorteile des hohen intramuskulären Fettgehalts im Fleisch (Zartheit, Saftigkeit und Aroma), und Speckproduzenten lieben die alten Rassen wegen ihrer besonders mächtigen und hochwertigen Fettabdeckung.

Tradition vs. Modern
Insgesamt erleben Robustrassen wie das ungarische Wollschwein (Mangalitza), das Duroc, das Schwäbisch-Hällische, das Bunte Bentheimer und andere Hausschwein-Raritäten heute eine Renaissance. Sie müssen zwar häufig mit modernen, massigen Magerfleischebern wie dem Piétrain gekreuzt werden, um eine zu starke Verfettung zu vermeiden. Connaisseure greifen dennoch immer häufiger auf das Fleisch alter Rassen zurück, weil sie ein spezielles Genusserlebnis anstreben, das ihnen neuere Züchtungen kaum verschaffen können. Obwohl deren Fleisch aus sensorischer wie gesundheitlicher Sicht von ausgezeichneter Qualität ist und durch ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis besticht. Die Fleischbeschaffenheit traditionsreicher, alter Rassen hebt sich aber durch ihr Aussehen hervor und die unterschiedlichen Haltungsformen bei diesen Tieren können spezielle Geschmacksausprägungen und Fleischfarben nach sich ziehen. Das Fleisch des spanischen Ibérico-Schweines, das in Eichenwäldern gehalten und mit Eicheln gemästet wird, hat beispielsweise einen angenehmen, nussigen Geschmack und eine kräftig rote Farbe. Wer also bei der nächsten Grillfeier seinen Freunden eine Spezialität vorsetzen möchte, sollte keinesfalls vor diesen leckeren Schweinefleisch-Raritäten zurückschrecken, die Gäste werden es Ihnen danken. 

Quellen: DFS, Red. 2012

WISSEN:
Hybride stammen meist aus Kreuzungen verschiedener Zuchtlinien innerhalb einer einzigen Rasse in der Vaterlinie und Kreuzungen verschiedener Rassen mütterlicherseits.

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