Wollschweinereien
Borstenvieh & Schweinespeck
Das vorwiegend in der pannonischen Tiefebene beheimatete Mangalitza nährte die Bevölkerung der österreichisch-ungarischen Monarchie und auch noch die Austro-Republikaner bis in die 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts. Dann verdrängten zunehmend Schweinerassen mit magerer Fleischqualität das Mangalitza-Schwein. Ende der siebziger Jahre wurden Wollschweine in Österreich nur mehr in National- und Tierparks oder vereinzelt von Kleinzüchtern für den Eigenbedarf gehalten. Bis die Gastronomie wieder die Vorzüge dieser Rassen entdeckte und die Nachfrage stieg. Heute gibt es in Österreich ca. 80 registrierte Mangalitza Züchter, mit einer Bestandsgröße um je zwei bis zehn Zuchttiere. Drei Rassen des Mangalizaschweins sind heute noch gebräuchlich – das blonde Mangalitza, das „schwalbenbäuchige“ und das rote Mangalitza. Das wildfarbene oder braune Mangalitza sowie das schwarze Mangalitza gelten hingegen als ausgestorben.
Der Unterschied. Mangalitzas wachsen langsamer als ihre modernen Konkurrenten, sind aber robust und stressresistent. Die Fleischausbeute ist aufgrund der mächtigen Speckschichten deutlich geringer, dieser Speck ist jedoch von legendärer Qualität: fest, weiß, hocharomatisch. Und auch aus grilltechnischer Sicht ist der größte Vorzug des Mangalitza-Schweines sein Geschmack. Denn das Aroma des Mangalitza-Fleisches steht für das idealtypische Aroma des Borstenviehs. Es ist reintönig, zugleich herzhaft würzig und delikat. So delikat, dass man sich hier bei der Würzung weitestgehend beherrschen sollte. Bei Karreesteaks reichen Salz und Pfeffer vollauf, bei Braten darf es auch Knoblauch und Kümmel sein.
In der Küche. Auch gartechnisch unterscheidet sich das Mangalitza-Schwein etwas vom Gewohnten. Kurzgebratenes vom Mangalitza etwa sollte tatsächlich möglichst kurz gebraten werden. Denn zu langes bzw. starkes Garen trocknet dieses Fleisch aus und macht es unnötig hart. Also schneiden wir uns die Steaks eher dicker und garen sie eher knapp. Der richtige Zeitpunkt, sie vom Rost zu nehmen ist dann, wenn nach dem Wenden klare Tröpfchen an der Fleischoberfläche entstehen. Ein zartrosa Kern steht dem Mangalitza-Kotelett hervorragend.
Für einen langsam gegarten Braten kommt auch die recht preiswerte Schulter in Frage, die auch in Form gebunden werden kann. Wichtig ist es, die Fettauflage nicht gänzlich zu entfernen – gut einen Zentimeter sollte sie schon noch haben, damit das Fleisch während der recht langen Garzeit schön saftig bleibt. Kurz angebräunt verbringt es nämlich bei etwa 120 Grad gute drei bis vier Stunden unter dem Deckel des Grills. Nicht direkt über der Glut versteht sich bzw. mehrheitlich der Flamme. Denn am Gasgrill ist dieses Projekt aus zwei Gründen aussichtsreicher: Die Temperatursteuerung ist exakter möglich und man muss nicht ständig nachlegen. Wer einen Smoker sein eigen nennt, hat hier natürlich auch gute Karten – denn damit sind noch niedrigere Gartemperaturen bei enstprechend verlängerter Garzeit möglich. Damit wird das aromatische Fleisch besonders zart und saftig.
Quelle: GrillZeit 01/2010