Festlich köstlich
Der Festtagsbraten
Das ergab eine Studie der AMA im Dezember des Vorjahres und daran hat sich bestimmt auch heuer wenig geändert. Rund die Hälfte der Köche weiß demzufolge schon zwei Wochen vor dem Fest, was auf den Weihnachtstisch kommen wird. Bei einem Viertel der Österreicher ist das noch Fisch, wobei der traditionelle Weihnachtskarpfen da offensichtlich in den letzten Jahren gehörig an Terrain verloren hat. Auch die gute, alte Weihnachtsgans liegt in der Beliebtheit gemeinsam mit Wildgerichten erst an fünfter Stelle. Denn schon 15 % der Österreicher feiern nach amerikanischem Vorbild mit dem Truthahn „White Meat Christmas“, dahinter kommen bereits Rind- und Schweinefleisch.
Und noch eine Zahl, diesmal aus der Bundesrepublik: 32 Prozent der Deutschen essen zu Weihnachten Bockwurst mit Kartoffelsalat. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Slow down. Doch zurück zu unserer Insel der seligen Genießer. Hierzulande ist man willens und meist sogar entschlossen, für einen Festtagsbraten Zeit und Aufwand zu investieren. Denn das gemeinsame Kochen ist den Österreichern in diesen Tagen fast ebenso wichtig wie das gemeinsame Essen. Die sonst so beliebten schnellen Gerichte werden da offensichtlich als Spaßverderber eingestuft. Wobei ein schöner Braten zwar viel Zeit erfordert, jedoch eigentlich erstaunlich wenig Arbeit macht. Denn das Geheimnis eines überzeugenden Resultates ist hier vor allem Geduld. Die ja primär das Backrohr aufzubringen hat, denn unsereiner kann ja inzwischen den Weihnachtsbaum schmücken. Und auch finanziell hält sich der Aufwand in Grenzen. Denn die sogenannten „Edelteile“, also Filet, Beiried und andere Kurzbrat-Stücke, sind im Backrohr eigentlich gar nicht erste Wahl.
Beim Garen großer Braten sind andere Qualitäten gefragt. Die Mürbe und Saftigkeit garantiert die Methode. Die Grundregel lautet dabei: mehr Zeit, weniger Temperatur. Extremste Ausprägung dieser Formel ist das sogenannte Niedertemperatur-Garen, zu dessen Vorteil zählt, dass es zu sehr geringen Bratverlusten kommt und das Fleisch auch wesentlich weniger Saft verliert. Durch die schonende Garung wird das Bratenstück zarter, zudem lässt es sich auch über mehrere Stunden ohne Qualitätsverlust warm halten.
So gehts. Das Fleisch in einer Pfanne rundherum scharf anbraten. Den Ofen auf ca. 80–90 °C vorheizen und den Braten hineinschieben. Dann ganz langsam bei etwa 70–80 °C garen. Bei einem Kalbsnierenbraten von 2 kg können Sie so gute 4 Stunden rechnen, bis er die ideale Kerntemperatur von etwa 65 °C erreicht hat. Sie brauchen also ein zuverlässiges Fleischthermometer, das außerdem auch die tatsächliche Temperatur im Ofen feststellen kann. Auf die Anzeige der Herde ist nämlich oft kein Verlass.
Auch ist wichtig, dass das Fleisch bereits beim Anbraten Zimmertemperatur hat. Es sollte mindestens eine Stunde vor dem Anbraten aus dem Kühlschrank geholt werden. Weniger geeignet ist diese Methode allerdings für fetteres Fleisch, da sich hier das Fett zu wenig ausbrät. Dafür werden gut marmorierte Teilstücke aber auch bei heißerem Braten und höherer Kerntemperatur sehr saftig – und der Garverlust findet sich als köstlicher Bratensaft in der Pfanne. Und auch die gute Pute sowie anderes Geflügel profitieren nicht wirklich von thermischer Tiefstapelei, sondern schätzen mittlere Temperaturbereiche.
Geheimtipps. Fragen Sie Ihren Fleischer (das geht sehr wohl auch im Supermarkt!) einmal ganz gezielt nach Teilstücken, die sich besonders gut für einen Braten eignen. Nach einem „Hinteren Ausgelösten“ etwa oder einem „Mageren Meisl“, wenn es ein schöner Rindsbraten werden soll. Aber auch eine „Nuss“ und natürlich das „Hüferscherzel“ vom Rind oder Kalb sind sehr lohnende Projekte. Wenn Sie kulinarische Aha-Effekte auf den Tisch bringen wollen, servieren Sie vielleicht einen Tafelspitz vom Kalb (ein sehr schöner, magerer Braten), einen ganzen Rostbraten von der Kalbin (also der Jung-Kuh) oder auch eine „Hochrippe“ – das ist das sehr beeindruckende Karree vom Rind. Beim Schweinefleisch sind neben der Karreerose und dem Schopf auch der Schlögel bzw. seine Teilstücke sehr zu empfehlen, die viel zu selten ins Rohr geschoben werden. So wie das Fricandeau, die Nuss und der sogenannte Schlussbraten.
Quelle: AMA-Marketing 2007
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