Die Trends am Rost

Grillen boomt

Grillen boomt in Österreich – nachhaltig und seit ein paar Jahren zweistellig, wie uns Hersteller und Handel zufrieden berichten. Daran dürften die „GrillZeit“ und der „AMA-GrillClub“ nicht ganz unschuldig sein, aber auch die Wirtschaftskrise schärfte dem Vernehmen nach den Blick für die Vorteile der heimatlichen Gefilde.

Gesellschaftsspiel. Grillen ist jedenfalls auch in Österreich auf dem besten Weg, sich vom sporadischen Freizeitvergnügen zum handfesten Lifestyle-Trend zu entwickeln. Und zum echten Wirtschaftsfaktor. Denn emotional irgendwo zwischen Gourmetküche, Gartenfest und Cocooning angesiedelt, ist unsereinem für das Grillen ja nur das Beste gut genug. Wir wollen unseren Gästen tolle Ergebnisse präsentieren und nicht den billigsten Aktionspreis, daher ist gerade in der Grillsaison der Trend zu den Edelteilen und Besonderheiten in der Fleischtheke unübersehbar.

Was Walter Ringhofer, Chefeinkäufer dieses Sortimentes bei Merkur, mit professionellem Understatement als „äußerst zufriedenstellend“ bezeichnet und unverdrossen weiter mit einer überdurchschnittlich breiten Palette an Grillprodukten stimuliert. Denn neben Klassikern wie Spareribs, Koteletts, einer Riesenauswahl an Grillwürsten, Geflügelprodukten sowie Convenienceprodukten für Spontangriller hat Merkur für Grill-Afficionados auch spektakuläre Highlights im Programm. Wie Steaks amerikanischen Zuschnitts vom Jungrind, Maispoularden, Kalbsrippchen, das immer stärker nachgefragte Lammfleisch und nicht zuletzt viel Frischfisch und Meeresfrüchte.

Upgrading. Aber auch in Sachen Gerätschaft ist der Stellenwert des Grillens in den letzten Jahren rasant aufgestiegen. Das drückt sich besonders klar in den verblüffenden Zahlen des Premiumherstellers und Weltmarktführers Weber Stephen aus. Christian Hubinger, Geschäftsführer der Österreich-Niederlassung kann aktuell auf den spektakulären Umsatzzuwachs von gut 30 % im Kernsegment verweisen und ist inzwischen bei einem wertmäßigen Marktanteil von etwa 50 % bei Holzkohlegrillern und geschätzten 40 % bei Gasgrillern angelangt. „Und unsere neuen Q-Elektrogriller“, so Hubinger, „sind derzeit mit einem Plus von 240 % ohnehin die Shooting Stars der Saison!“. Wie im Übrigen auch der Zubehörsektor, mit dem bei Weber bereits ein Drittel der Umsätze gemacht werden.

Die steigenden Verkaufszahlen im Qualitätssegment haben aber nicht nur mit dem allgemeinen Zulauf zu tun, den unser schönes Hobby in breiten Gesellschaftsschichten zweifellos genießt, sondern auch mit dem Wunsch der bestehenden Grill-Community nach immer noch besseren Resultaten. Fand früher ein zur Schuhsohle gegrilltes Kotelett bei jedem Grillevent dankbare Abnehmer, liegt die Latte für Grillmeister heute schon deutlich höher. Und damit auch die Bereitschaft zur Investition.

Dass die Schmerzgrenzen für Gerätepreise inzwischen oft um ein Vielfaches höher sein dürften als noch vor wenigen Jahren, führen Kenner der Szene aber nicht nur auf ein Mehr an Know How bei ihrer Klientel zurück, sondern auch auf den unaufhaltsamen Aufstieg des Grillens in den gesellschaftlichen Konsumgüter-Rankings. Premium-Grillgeräte geben heute echten Status, bieten nachvollziehbare Produktvorteile und werden wesentlich häufiger und lustvoller eingesetzt als klapprige Low-end-Geräte. Kein Wunder also, wenn Menschen, die beim Autokauf  alleine für ein ordentliches Navi, 18 Zoll-Felgen oder eine Metalliclackierung ohne Wimpernzucken Tausende von Euro Aufpreis bezahlen, auch bei Grillgeräten Drei- bis Vierstelliges akzeptieren – oder sogar voraussetzen, um an Spitzenqualität glauben zu können.

Gerade repräsentative Topgeräte können auch viele Nichtgriller zum Einstieg bewegen, registriert der Branchenprofi Heimo Irouschek, der seit dieser Saison das Österreich-Geschäft des kanadischen Anbieters „Napoleon“ leitet, mit Genugtuung. „Ein guter Herd darf ja auch etwas kosten. Und Premium-Grillgeräte sind auch in Sachen Image inzwischen auf Augenhöhe mit der Küchenausstattung – bis hin zur kompletten Outdoorküche um € 27.000,-, wie wir sie heuer bereits verkauft haben!“

Size matters. Noch ein Trend ist also ganz unübersehbar: Der zur Größe. Denn jeder Grillfan kommt über kurz oder lang zur Einsicht, dass so ein Rost gar nicht groß genug sein kann. Nicht weil man ins Catering-Geschäft wechseln will, sondern weil darauf etwa unterschiedliche Temperaturzonen eingerichtet werden sollen. Man will schließlich auch noch Beilagen zubereiten usw. Dieses XL-Phänomen geht jedenfalls heuer besonders stark durch alle Griller- und Geräteklassen. Selbst bei den praktischen Kompaktgrillern von Webers Q-Serie werden von der größeren 3er Serie inzwischen schon weit mehr verkauft als von den 1ern. Und noch deutlicher wird das in der Oberliga, wo es schließlich auch um den imposanten Auftritt geht.

Dass selbst Planungs-Optimisten von diesem Trend zur Größe überrascht waren, zeigt das Beispiel von Weber, die bereits Mitte des Jahres ihr gesamtes Jahreskontingent an Großgeräten ausgeliefert hatten. 114 % Plus bedeutete das per Ende Mai bei den  „Summit“ – vollausgestatteten Grillboliden mit einem Durchschnittspreis von € 2.800,-  – und über 50 % Plus auch bei den „Genesis“ – den Gasgrillern der oberen Mittelklasse von Weber.

Expertenrat. Überproportional entwickelt sich in diesem Szenario laut Christian Hubinger übrigens der Fachhandel und am allerbesten die 12 österreichischen „Weber Worlds“, die durch Kompetenz und Sortimentstiefe punkten.

Auch Weber-Partner Michael Kovalcik, Inhaber des „griller shop“ in Wiener Neustadt, hat den Fokus ganz bewusst auf einige wenige Topmarken gelegt, die er auf 200 Quadratmetern, aber dann auch detailgenau, präsentieren kann. Bis hin zur praktischen Demo samt Kostproben sowie „Meister-Kursen“ mit Haubenköchen an den im Shop erhältlichen Geräten.  

Kovalcik, nicht ganz zufällig auch größter Gaseinzelhändler Österreichs, verkauft übrigens inzwischen schon 4 von 10 Geräten mit dem Brennstoff Gas, „denn dessen Convenience und Zeitvorteil werden immer mehr geschätzt!“. Wie auch bei den Elektrogrillern, die sich bei Kovalcik heuer verkaufen „wie die warmen Semmeln“, während das Interesse an Smokern in Wr. Neustadt offensichtlich einer relativ kleinen Verwendergruppe vorbehalten bleibt.

Weitere Trends. Auch der Trend zum Zweit- (oder Dritt-) Grill ist mehr denn je ein Thema. Viele Griller mit Erfahrung wollen „bedarfsgerecht“ ausgerüstet sein – fürs Wochenende den Holzkohlegrill, für das schnelle Steak den Gasgrill, fürs Räuchern... . Und gegen Platzprobleme bei der nächsten Grillparty (siehe oben) ist man so gegebenenfalls auch bestens gerüstet.

Apropos Räuchern: Obschon die echten Smoker eher etwas für die Hardcore-Gemeinde sind, erfreuen sich Räuchernoten am Grill immer größerer Beliebtheit. Das zeigen die steigenden Verkaufszahlen für Räucherzubehör wie Holzchips, Räucherboxen etc.

Ein Megathema der Saison ist auch das „Branding“. Steaks und Koteletts mit ordentlicher Grillmarkierung sind ein Muss für den ambitionierten Grillfan. Der neue, gusseiserne „Sear Grilling“ -Einsatz für den Kugelgrill ist bei Weber daher ein echter Renner geworden und auch Napoleon verkauft jeden zweiten Gasgrill mit einem besonders heißen Infrarotbrenner.

GrillZeit 2/2011


Information

Damit grillt Österreich:
Laut Marktforschungsinstitut GfK wurden in Österreich im Jahr 2010 etwa 206.000 Grillgeräte verkauft. Das durchschnittliche Alter, das die einzelne Gerätschaft dann erreicht, sind 7,2 Jahre. Der stückmäßige Anteil der Holzkohlegriller liegt bei 55 %, jener der Gasgriller bei 11 % – bei einem etwa 2,7fachem Wert gegenüber den Kohlegrillern. Der erkleckliche, nicht genauer erhobene, Rest setzt sich aus Elektro-, Lava- und „Outdoor“-Grillern zusammen, womit auch Feuerstellen-Accessoires gemeint sein dürften. Jedenfalls errechnet sich aus diesen Daten ein nationaler Gerätepark von fast 1,5 Grillgeräten. Zweit- und Drittgeräte allerdings mit eingerechnet.

Dass damit aber noch lange nicht Schluss ist und einiges an Potential schlummert, zeigt ein Blick nach Skandinavien. Denn dem Schlechtwetter-Abo der Nordländer zum Trotz wird dort noch um ein Vielfaches mehr und öfter gegrillt als hierzulande. Von den USA, Australien und Südafrika einmal ganz zu schweigen, wo der Grill zur Grundausstattung eines jeden Haushalts zählt.

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