Smoke on the Water

Die praktische Rauchsäule

Der Ausnahmekönner Adi Bittermann ist ja längst nicht nur am Herd, sondern immer öfter auch am Rost zu finden – also quasi vom Haubenkoch zum Haubengriller mutiert. Dicht an dicht parken inzwischen im gepflasterten Hof seines prächtigen Gastro-Refugiums in Göttlesbrunn Kohle- und Gasgriller neben Smokern unterschiedlicher Bauart. Und alle sind tatsächlich oft im Einsatz – sowohl zur Bereicherung der Speisekarte des „Vinarium Göttlesbrunn“ als auch für die Kurse, die er im Rahmen der „Weber Grillakademie“ anbietet.

Besonders angetan hat es Bittermann derzeit der brandneue 57er Watersmoker „Smokey Mountain“ von Weber, der den 47er nicht nur an Durchmesser, sondern auch an Höhe deutlich überragt. Denn trotz geringer Stellfläche lassen sich auf dem Rost dieses Gerätes schon echte Profi-Mengen unterbringen und auch größere Familien werden das üppigere Platzangebot auf zwei Ebenen zu schätzen wissen. Mit 3 getrennt regulierbaren Zuluftöffnungen kann die Hitze sehr treffsicher reguliert werden, eine große Öffnung erleichtert das Nachlegen von Briketts und Räucherchips.

Der Water Smoker hat ein einfaches, aber sehr effektives Prinzip. Am Kohlerost ganz unten wird die Holzkohle (vorzugsweise Briketts) platziert. Darüber ist eine Wasserpfanne untergebracht; auf den Ebenen darüber liegt wiederum das Grillgut. Je weiter oben, desto geringer ist natürlich auch die Gartemperatur.

Während des Garvorgangs bildet sich Wasserdampf, der nach oben steigt und dabei das Grillgut umgibt. Das sorgt einerseits dafür, dass das Grillgut schön saftig bleibt, ermöglicht aber andererseits auch ein tiefes Eindringen der Raucharomen, wenn auf die glühende Kohle Räucherspäne oder besser noch Holzchips oder -stücke gelegt wurden. Dieses Räucheraroma ist daher deutlich intensiver, als dies mit einem normalen Grill mit Deckel zu erzielen ist, und auch recht mageres Fleisch gerät so überhaupt nicht trocken.

Variiert werden kann natürlich zusätzlich mit aromatischen Flüssigkeiten wie Bier oder Wein statt Wasser. Und Adi Bittermann gibt gerne auch einmal feinen Bruchkies in die Pfanne, wenn er auf besonders lange Garzeiten aus ist. Denn der Stein speichert die Hitze und gibt sie nur langsam wieder ab. Ganz ohne Pfanne ist der Watersmoker schließlich auch als ganz normaler Grill einsetzbar.

Praxis. Als Räucherholz verwendet Adi vorzugsweise „Mesquite Woodchips“, denn dieses amerikanische Hartholz bringt ein kräftigeres Räucheraroma als andere gängige Sorten, und als Brennstoff nimmt er am liebsten Qualitäts-Holzkohlebriketts mit besonders langer Brenndauer. Denn unter 2 Stunden geht am Smoker wenig, manche Gerichte verbringen mit 8 Stunden sogar einen ganzen Arbeitstag am Rost, wie Sie später noch lesen werden. Da muss dann natürlich beizeiten nachgelegt werden.

Gestartet wird mit 30-40 Briketts (je nach Größe des Gerätes), die einfach noch kalt an den äußeren Rand des Kohlerostes gelegt werden. In die Mitte dieses Kohleringes schüttet man dann den gut vorgeglühten Inhalt eines Anzündkamines. Wenn die äußere Kohle auch schon glüht, werden die eingeweichten Holzspäne oder -stücke auf die Kohle gelegt, darüber kommt die Wasserschale, darüber das Gargut. So wird im oberen Rostbereich eine konstante Temperatur von rund 120 Grad erreicht, die für folgende Rezepte ideal ist:

Beiried warm geräuchert
Ein Roastbeef der Sonderklasse ist der Lohn für folgendes Rezept, das mit einem schön großen Stück Beiried (2 kg aufwärts) am besten gelingt.

Marinade: 1 Flasche Weinbrand, 200 g brauner Zucker, 1 EL Sojasauce, schwarzer gemahlener Pfeffer, Salz, 1 TL getrockneter Thymian.

Das Fleisch wird in der gut abgeschmeckten Würzflüssigkeit mindestens 24 Stunden im Kühlschrank mariniert. Am besten geht das in einem gut verschließbaren Gefrierbeutel, aus dem die Luft gedrückt wurde, weil dort die Marinade von allen Seiten an das Fleisch kann. Trotzdem empfiehlt es sich, die Beiried dann und wann zu wenden, um ein gleichmäßiges Ergebnis zu erzielen.

Die restliche Marinade wird in einer Kasserole über nicht zu heißer Flamme langsam auf die Hälfte reduziert und dient während des Garvorganges als „Mopp“ – also zum regelmäßigen Bestreichen des Fleisches, während dieses etwa 2 bis 2,5 Stunden braucht, um auf eine Kerntemperatur von 57 °C zu kommen. Nach einer weiteren Rastphase von mindestens 10 Minuten, welche die Beiried in Alufolie eingeschlagen an einem warmen Ort verbringt – im Winter ist das vielleicht sogar ein Backrohr, das mit 50 ° temperiert ist – kann zu Tisch gerufen werden.

Pulled Pork
Dieses köstliche Gericht stammt aus den Südstaaten der USA, findet aber auch in Europa immer mehr Freunde. Gerne wird dafür Schweineschulter genommen, Adi Bittermann bevorzugt jedoch den Schopfbraten aufgrund seiner Saftigkeit.

Der etwa 2 bis 3 kg schwere Braten wird mit einem „Rub“ – also einer trockenen Gewürzmischung – eingerieben, der aus Zitronenzesten, gepresstem Knoblauch, Salz, braunem Zucker, Thymian, süßem Paprika und Chili besteht. Danach verbringt auch dieses vorgewürzte Fleischstück etwa 24 Stunden im Kühlschrank.
Geräuchert wird dann extra lange – nämlich mindestens volle 8 Stunden bei maximal 125 °C. Danach sollte die Kerntemperatur bei 90 oder besser 95 ° liegen, und das „Pulled Pork“ kann nach einer langen Rastphase (mindestens eine halbe Stunde) mit den bloßen Fingern zerzupft werden (daher der Name) und wird danach sofort mit einer pikanten Marinade vermischt und in vorgewärmten Semmeln bzw. Hamburger-Buns serviert. Da das fertig zubereitete, aber noch unzerpflückte „Pulled Pork“ gut isoliert über viele Stunden warm bleibt bzw. wieder ohne Geschmacksverlust auf Temperatur gebracht werden kann, ist dieses Gericht auch ideal für die Vorbereitung größerer Grillparties geeignet.

Marinade: 2 Tassen Ketchup, 2 Tassen fein gehackte Zwiebeln, 1 Tasse Rotweinessig, 2 zerdrückte Knoblauchzehen, ¼ Tasse Estragon-Senf, ¼ Tasse brauner Zucker, 1 TL Tabasco-Sauce.
Diese Sauce wird so lange gekocht, bis die Zwiebelstückchen ganz weich sind.

  • Information-Plateauphase

Wer den langen Garprozess des Pulled Pork mit einem Stichthermometer beobachtet, wird vielleicht dem Phänomen der „Plateauphase“ begegnen. Die Kerntemperatur des Fleisches steigt in den ersten Stunden nämlich erst stetig an (bis rund 70 °C), bis es eine Phase erreicht, in der sie über einen längeren Zeitraum konstant bleibt bzw. sogar wieder um 1 bis 2 Grad absinkt. Diese sogenannte Plateauphase kann eine halbe Stunde dauern, manchmal aber auch wesentlich länger. Auf keinen Fall darf man dann die Gartemperatur erhöhen oder gar den Braten vom Grill nehmen, sondern muss diese Zeitspanne geduldig aussitzen.

Warm geräucherter Schopfbraten
Ganz gleich wie das „Pulled Pork“, jedoch mit wesentlich kürzerer Gardauer, bereitet Adi Bittermann seinen Schopfbraten am Watersmoker zu. Nach etwa 2,5 Stunden sollte die Kerntemperatur bei etwa 62 °C liegen, danach wird noch eine Viertelstunde warm gerastet, wobei diese Temperatur noch um ein paar Grad weiter steigt. Damit liegt der Haubenkoch deutlich unter der sonst üblichen Kerntemperatur-Empfehlung von 70 ° aufwärts für den Schopf, meint jedoch, dass dies durch den langsamen Garprozess vollkommen reicht und nur so die maximale Saftigkeit garantiert wird.

Als Beilage zum Fleisch serviert Adi gerne seine spektakulären und schmackhaften Erdäpfel im Salzmantel:
Kleine Erdäpfel mit Schale werden dafür der Länge nach halb eingeschnitten, in diesen Schlitz kommt ein halbes Lorbeerblatt. Nun werden die Erdäpfel dicht an dicht in eine feuerfeste Form geschlichtet und mit einer zähflüssigen Mischung aus etwas Wasser, rohem Eiklar und grobem Meersalz bedeckt. Rund 50 Minuten bei etwa 120 Grad garen, dann die Salzkruste bei Tisch aufschlagen.

Forelle im Speckhemd
Für zwei fertig ausgenommene Regenbogenforellen werden 4 Knoblauchzehen, 2 TL Worcestershire-Sauce, Salz und frisch gemahlener Pfeffer, 2 EL Olivenöl und 2 EL Limettensaft vermischt. Damit die Fische innen und außen einreiben und mit einer Masse aus folgenden Zutaten füllen: 1 sehr fein geschnittene Zwiebel, ½ ebenfalls fein geschnittener roter Paprika, ½ Stange Lauch in Ringe geschnitten, 6 EL gehackte Walnüsse, 20 Kartoffelchips, fein zerbröselt.
Nun werden die Fische straff mit jeweils 3 Scheiben Frühstücksspeck umwickelt und aufrecht am Grill platziert. Damit die launischen Forellen auch schön stehen bleiben, empfiehlt sich, aus Alufolie eine dünne Wurst zu formen, die den nötigen Halt gibt. Geräuchert werden die Forellen bei 120 °C etwa 40 Minuten.

Marinierte Thunfischsteaks
Eine volle Stunde, aber auch nicht viel länger, soll ein ordentliches Thunfischsteak (mit gut 3 cm Bauhöhe) in folgender Beize ruhen:

5 EL zerlassene Butter, 5 EL Sesamöl, 5 EL Balsamico weiß, 2 EL Zitronensaft, 1 TL geriebener Ingwer, 1 TL getrockneter Thymian, 1 Knoblauchzehe fein gehackt, 1 kleine Chili fein gehackt.

Dann wird das Steak gut abgetupft und in einer heißen Pfanne auf reichlich grobem Meersalz kurz auf beiden Seiten angebraten. Die groben Salzkristalle verhindern dabei das Ankleben des Fischfleisches. Danach kommt das Thunfischsteak bei 120 Grad maximal 20 Minuten in den Watersmoker, sollte jedoch dabei im Auge behalten werden. Denn ein roher Kern steht diesem Fisch weit besser als durchgegartes Fleisch.

Lachsforellenfilet auf dem Zedernbrett
Auch fürs „Plank Grilling“ ist der Watersmoker eine feine Sache, denn gut in Wasser eingeweichte Bretter werden bei den moderaten Temperaturen nie ankohlen, wie das sonst ganz gerne passiert. Für dieses Rezept wird ein Lachsforellenfilet einfach mit der Hautseite nach unten auf dem Zedernbrett platziert (darf natürlich auch ein Hartholz sein) und im Abstand von etwa 2 cm schräg eingeschnitten. In diese Schnitte werden halbierte Limettenscheiben gesteckt; gewürzt wird mit grobem Meersalz und Thymian. Die Gardauer beträgt etwa 20 Minuten bei 120 °.

Schmorfleisch mit Rauch
Einen besonders intensiven Geschmack erhält auch Geschmortes wie Ochsenschlepp oder eine Kalbsstelze im Räucherofen. Dafür wird das Fleisch einfach mit grob geschnittenem Wurzelgemüse und reichlich Rotwein in einer Alutasse 4 Stunden lang bei 120 °C im Watersmoker gedünstet. Durch die systembedingte Feuchtigkeit trocknet das Fleisch nicht aus und profitiert von den Aromen der verwendeten Holzspäne. Wer’s weniger rauchig mag, deckt die Tasse einfach nach der halben Garzeit mit Alufolie ab.

Quelle: GrillZeit 03/2011

Anders als beim Kalträuchern ist das Warmräuchern im Watersmoker eher eine Zubereitungs- als eine Konservierungsmethode und auch für den Laien sind mit relativ geringem Aufwand ausgezeichnete Resultate zu erzielen. Dreierlei braucht man allerdings für das erfolgreiche Räuchern im Watersmoker: Ein geeignetes Gerät, ein Stichthermometer zur Messung der Kerntemperatur und ausreichend Geduld.

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