Wie viel Messer braucht Mann so?

Die Frage nach dem ultimativen Messer hat schon Beziehungen und Bankkonten in die Krise geführt. Denn offensichtlich können sich insbesondere Männer für edle Klingen begeistern und ein kleines Vermögen auf die Magnetleiste hängen. Das liegt aber nicht (nur) an den Genen des Kriegers, sondern meist auch an den handfesten Vorteilen eines wirklich guten Messers.

Auf Messers Schneide. Es ist traurig, aber wahr: Die allerschärfsten Klingen sind nicht rostfrei, sondern aus sogenanntem „Kohlenstoffstahl“, der entsprechend gepflegt werden will und zudem bruchgefährdet ist. Sowie nicht wirklich geschmacksneutral. Zwiebel­geruch etwa bleibt tagelang daran hängen. Haben diese Messer dann auch noch edle Holzgriffe, sind sie nur mehr ausgewiesenen Liebhabern zu empfehlen – diesen jedoch wärmstens.

Ein Kriterium für die Klingenschärfe ist neben dem Schliff jedenfalls die Härte des Stahls, der aus obgenannten Gründen bei teuren Messern oft auch mehrlagig verarbeitet ist. Ein spröder, stark kohlenstoffhaltiger Kern wird dabei von korrosionsresistenten und elastischen Schichten geschützt. Gemessen wird die Härte in „Rockwell“, wobei Klingen von über 60 HR als besonders hart gelten dürfen, aber auch 66 und mehr HR am Markt zu finden sind. Wenn Sie es aber allzu hart angehen, handeln Sie sich neben hoher Schnitthaltigkeit auch die Arbeit am Schleifstein ein, wenn das Messer dann doch einmal stumpf wird. Und diese Schleiferei ist nicht nur sehr aufwendig, sondern will auch gelernt sein. Ausschließlich etwas für Kenner und Spezialisten.

Recht scharf und resistent gegen angriffige Stoffe sind auch Keramik-Klingen, die aber extrem leicht zu Bruch gehen und nur vom Fachbetrieb nachgeschliffen werden können – und damit so gar nicht in unser Beuteschema passen.

Denn da unsereiner ja bereits ein Hobby hat – nämlich das Grillen –, beschäftigen wir uns hier ausschließlich mit hochwertigen, jedoch möglichst unkomplizierten Messern, die der rauen Umgebung der Freiluftküche gewachsen sind und uns das Leben in jeder Hinsicht erleichtern. Dazu gehört neben einer guten Schnitthaltigkeit auch, dass sich das Messer einfach nachschleifen lässt. Zwischendurch wird dessen Schneide einfach am „Streicher“ (Wetzstahl) wieder aufgerichtet. Manche Solinger Hersteller bringen ihre Stähle deswegen nach dem Härten wieder auf rund 55–58 Rockwell „herunter“.

Ultimativ. Ein gutes Messer fühlt sich auch in der Hand gut an und soll nicht zu leicht sein. Profis stellen die Ge­wichts­balance des Messers und die Haptik des Griffes vielleicht sogar noch über dessen Schärfe. Denn davon und vom Schliff hängt auch die richtige Schnittführung ab. Schlechte Messer erkennen Sie deshalb auch daran, dass Ihre Brotscheiben und Schnitzel nie gleichmäßig, sondern eher keilförmig werden. Und wenn Sie am Grill alle Hände voll zu tun haben, sind auch ihre Hände voll. Mit Öl, Marinade, Fleischsaft oder wie immer. Rutschige Messergriffe sind hier die Pest.

Gute Messer sind geschmiedet, und zwar aus einem Stück. Die Klinge findet also als „Erl“ ihre Fortsetzung im Griff, der fugenlos daran genietet ist. „Bart“ und „Messerkropf“ trennen Klinge und Griff. Nach dem Verwendungszweck richten sich Klingenform und -größe. Sowie auch nach den persönlichen Vorlieben des Benutzers, die allerdings nicht immer zweckdienlich sind. Vielen Frauen etwa kann ein Messer ja gar nicht klein genug sein – Niedlichkeit statt Bedrohlichkeit ist allerdings kein brauchbares Motiv, um einen ordentlichen Schnitt zu führen. Dafür braucht es eine Klinge, die das Schnittgut so weit überragt, dass man sie darüber ziehen kann. Den Rest erledigt ein gutes Messer dann fast von alleine.

Portfolio. Also ist das wichtigste Messer für uns Grill-Freunde ein ordentliches Kochmesser, auch „Chefmesser“ genannt, das in den Händen eines Könners nahezu alle Aufgaben erledigen kann. Gebräuchlichste Klingenlänge sind ca. 20 cm, der großen Braten und Fleischteile am Grill wegen aber bevorzuge ich Kaliber mit rund 24 cm. Dafür habe ich dann auch noch ein relativ kurzes Kochmesser (ca. 16 cm Klingenlänge), dessen stärkere Schneiden-Rundung auch ideal dafür ist, Kräuter zu wiegen und Knoblauch zu hacken.

Ein weiterer Bestandteil der Grundausstattung ist das sogenannte Officemesser für feinere Arbeiten, fürs Gemüse, aber auch zum Spicken. Dafür sollte die Klinge jedoch nicht allzu hoch sein. Ein Filiermesser mit elastischer, aber nicht allzu langer Klinge ist ebenfalls sehr zu empfehlen, um Hühnerbrüste gekonnt auszulösen, Lachsfilets zu enthäuten oder schlicht dünnste Scheiben vom gekochten Erdapfel zu schneiden, ohne dass diese brechen. Ein gutes Brotmesser mit Wellenschliff schneidet nicht nur Backwaren richtig, sondern ist auch für manche Gemüsesorten sehr praktisch. Und wer sich seine Fleischteile selber zurichtet, kommt nicht um ein Ausbeinmesser herum. Schön wären natürlich auch noch ein Hackmesser, ein Schälmesser, ein Santokumesser (vielleicht sogar mit Kullenschliff), ein Tranchiermesser, ein Buntschneidemesser usw. usf. Die Bratengabel und den Wetzstahl nicht zu vergessen. Auch ganz ohne Fetischismus bringt man es so leicht einmal auf ein Dutzend dieser Unentbehrlichkeiten.

Zu den Messern gehört dann natürlich auch die adäquate Schneidfläche, die aus Holz oder Kunststoff sein muss. Kleine für die Knoblauchzehe, große für den Truthahn – womöglich mit Saftrinne. Völliger Unfug sind Schneidbretter aus Glas, Stein oder Keramik. Damit ruinieren Sie selbst die härteste Schneide in Kürze.

Aufbewahrung. Gute Messer einfach in die Lade zu den anderen Küchenutensilien zu legen, ist fahrlässig, denn die Schneiden sind empfindlich. Also ist strenge Einzelhaft anzuraten. Wenig halte ich aber von den dafür gängigen Messerblocks. Denn zum einen graust mir immer ein wenig vor jenen Dingen, die (vielleicht) in dessen Schlitzen leben. Und zum anderen sieht man oft nicht auf den ersten Blick, welche Klinge am Griff hängt. Das ist besonders dann lästig, wenn die Messersammlung wächst. Einfachster Ausweg aus der Misere sind die eingangs erwähnten Magnetleisten, an denen man nach Lust und Laune nach Typ, Farbe oder Vorliebe gruppieren kann. Wichtig ist hier allerdings, das Messer über den Rücken von der Leiste zu nehmen, um stets die Schneide zu schonen. Genau aus diesem Grund schiebt der Profi auch sein Feinge­hack­tes mit dem Messerrücken vom Brett und nicht mit der Schneide. Profiköche bewahren ihre kostbaren Geräte aber auch gerne in weichen Wickelfutteralen auf.

Quelle: GrillZeit 02/2008

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