All in One
Festtagsbraten
Schon in der Antike und mehr noch im Barock war es ein Vergnügen der Oberschicht, die Gäste eines Gelages mit kunstvoll ineinander gefüllten Braten im Stil der russischen Steckpuppe „Matrjoschka“ zu überraschen. Heute ist der „Turducken“ das letzte lebende Fossil dieser Epochen und das ausgerechnet in der Neuen Welt, wo er zum Statussymbol der Südstaatenküche wurde. Heute wird er allerdings nur noch recht selten in Privathaushalten zubereitet, sondern zu hohen Feiertagen meist fertig geschnürt beim Fleischer erworben. Mit gutem Grund, denn um dieses Gericht selbst zuzubereiten, müssen die Vögel in entsprechendem Format aufgetrieben, von innen entbeint – ohne Form und Haut allzu sehr zu verletzen – dann gefüllt, vernäht und letztlich über viele, viele Stunden sehr langsam gegart werden.
Udo Querch, steirischer Lebens-, Koch- und bildender Künstler hat uns einige Tage seines prall gefüllten Lebens geopfert, um gemeinsam mit seiner Frau Judith und einem anatomisch bewanderten Freund sowie dessen Skalpell diesen Superbraten vorzubereiten und schließlich am Watersmoker zu garen. Das Huhn wurde mit einer klassischen Füllung aus Semmeln, Wurstbrät, Speck und Gewürzen ausgepolstert, die Hohlräume zur Ente wiederum mit einer weiteren Semmelfülle, der diesmal Pilze und Maroni beigefügt wurden. Ebenso befüllt wurden die Hohlräume des Truthahns. Chirurgisch einwandfrei vernäht landete der „Turducken“ dann um vier Uhr früh auf dem Rost des Watersmokers, denn um 18.00 Uhr waren ja schon wir Gäste angesagt. Und tatsächlich brauchte das „All in one-Geflügel“ volle 13 Stunden, um völlig auf die angepeilte Kerntemperatur von 72 °C durchzugaren. Also musste Udo auch alle zwei, drei Stunden frisch vorgeglühte Kohle nachlegen, und immer wieder mit dem Stichthermometer den Fortgang kontrollieren. Am Ende stand dann noch eine ausgedehnte Rastphase des Bratens, der dafür erst in Alufolie und dann in Decken eingeschlagen wurde.
Quelle: GrillZeit 03/2012
Bildbeschreibung:
Bild 1: Prall gefüllt und gut vernäht.
Bild 2: Im Truthahn steckt noch eine Ente und in der wiederum ein Hendl.
Bild 3: Rund 120 °C zeigte der Deckelthermometer des Water-smokers während der gesamten Gardauer von gut 13 Stunden.
Bild 4: Per Stichthermometer erfolgte die Überprüfung der Kern-temperatur. Angepeilt waren 72 °C.
Bild 5: Nach 13 Stunden im Water-smoker war der All in One-Braten fertig gegart.
Bild 6: Der fertige „Turducken“ verbrachte noch fast ein halbe Stunde gut eingehüllt, bevor er angeschnitten wurde.