Von Haxen und Vögerl

Natürlich ist das kein Fleisch für Ungeduldige, zum Kurzbraten eignen sich viele andere Teile besser. Aber geschmacklich ist die Stelze eine besonders delikate Angelegenheit, für die es sich lohnt, etwas Zeit zu investieren. Denn die besten Ergebnisse erzielt man hier mit relativ niedrigen Temperaturen (120 bis 140 °C) und langen Garzeiten unter geschlossenem Deckel. Je nach Größe des Exemplares – die hintere Stelze ist um einiges schwerer als die vordere – gehen hier schon zwei bis drei Stunden ins Land, bis der Braten fertig ist. Aber dann ...

Full Service. Sehr lohnend ist es, den Knochen der Kalbsstelze gegen eine andere Fülle auszutauschen und so ein „Kalbsvögerl“ aus ihr zu machen. Oder aber machen zu lassen, denn immer öfter tauchen fertig gefüllte und sauber gebundene Exemplare in den Kühlregalen der Verbrauchermärkte auf. Und auch der Fleischer ihres Vertrauens nimmt Ihnen gerne diese Arbeit ab. Die übrigens halb so schlimm ist, denn das Bein lässt sich mit einem scharfen Messer gut auslösen und auch die Fülle muss nicht Aufwand bedeuten. Wir haben unsere Stelze einfach mit Speck gefüllt, damit das magere Fleisch saftig bleibt, und ein paar Kräuter wie Rosmarin und Salbei dazugegeben. Selbstverständlich aber kennt die Kochliteratur hier eine Fülle an Füllen, die allesamt auch am Grill in Betracht kommen.

Kalbsvögerl vom Grill
Mit Küchenspagat in Form gebunden wird die nach Belieben gefüllte Stelze mit Olivenöl, Zitronensaft, Salz und Pfeffer eingerieben, um erst einmal bei solider Hitze etwas Farbe zu nehmen. Dabei schließen sich die Poren. Dann kommt die Haxe in eine Alutasse mit etwas Wasser und Olivenöl und wird am Rost so platziert, dass sie nicht direkt über der Glut bzw. Flamme liegt. Die Hitze im Garraum wird jetzt auf etwa 120 °C gedrosselt. Das ist bei einem Gasgrill ein leichtes Unterfangen, erfordert jedoch beim Holzkohlegrill eine gewisse Erfahrung, damit die Glut nicht „abgestochen” wird. Nun wird das Kalbsvögerl gut zwei Stunden gegart, während dieser Zeit sollte man es öfter mit dem eigenen Saft begießen sowie dann und wann wenden. Die Menge des Bratensafts sollte so bemessen sein, dass das Fleisch einerseits nicht kocht, sondern schmort, sich die Flüssigkeit aber auch nicht anlegt. Aufgegossen werden kann mit (Süß)Wein, Suppe oder schlicht mit Wasser – je nach Geschmack.

Kalbfleisch bringt´s
Kalbfleisch ist völlig zu unrecht ein seltener Gast auf den Grillrosten der Österreicher. Denn es ist gesund, zart, fettarm und noch dazu ausgesprochen delikat. Und das nicht nur in der Form von Steaks, Koteletts und Saltimbocca-Häppchen, sondern auch als ganzer Braten vom Grill, der für die gesamte Familie reicht.

Denn die trockene Hitze unter dem Deckel des Grillers und die rauchigen Aromen der Holzkohle machen aus einer Kalbsstelze, einer gefüllten Kalbsbrust oder auch einer mageren Kalbsschulter eine ganz besondere Spezialität. Der Kreativität sind bei der Zubereitung an sich kaum Grenzen gesetzt, aber bestimmte Aromen passen nun einmal ganz besonders gut zu Kalbfleisch. Wie etwa Salbei, Zitronenschale, Thymian und Knoblauch (in Maßen).

Aber auch süße Weine (Marsala, Port), die sich als Saucengrundlage oder aber als Injektionsmarinade eignen. Eine Story zu diesem sehr speziellen Thema finden Sie auf den Seiten 8 bis 10 dieser Ausgabe der GrillZeit.

Quelle: GrillZeit 03/2008


Information

Kommentar des AMA-Grillclub:
Weder können Kälber fliegen, noch kalben Vögel. Der etwas irreführende Name „Kalbsvögerl“ geht vielmehr darauf zurück, dass die ausgelöste und gefüllte Kalbsstelze oft in die Form eines Geflügels gebunden wurde – das ja einst zu den ganz raren Genüssen zählte.

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