Neuseeland gegen Österreich

Manche mögen’s streng – unsereiner aber nicht. Wenn also im Orient der Hammel durchaus nach Widder schmecken darf, so will der Österreicher das Aroma lieber lammfromm und das Fleisch zart im Biss. Im Idealfall also ist das dazugehörige Tier bei der Schlachtung nicht älter als ein paar Monate. Nichts ist so verräterisch für „schöpserne“ Töne im Aroma wie das Fett. Denn dieser Geschmacksträger konzentriert alle angenehmen wie auch unangenehmen sensorischen Noten. Deshalb haben wir uns bei der Verkostung für Lammkoteletts entschieden. Hier ist eine schöne, knusprige Fettabdeckung Pflicht, zugleich gibt aber auch die Rose Auskunft über Zartheit und Geschmack des Fleisches.

Fair play. Als österreichischen Testkandidaten schickten wir frisches Bio-Lamm von Mostviertler Weiden ins Rennen, den Neuseeländern räumten wir gleich zwei Chancen ein: Sowohl tiefgekühlte Koteletts wie auch Frischware kamen auf den Rost des Grills. Preislich war die TK-Ware am günstigsten, aber auch die teuersten Koteletts stammten aus Neuseeland. Preislich dazwischen positioniert war die Bio-Qualität aus Österreich. Und sogar beim Alter der Tiere waren wir auf Vergleichbarkeit bedacht. Während das Lammkarree aus Österreich in der Regel von sehr jungen Tieren stammt (in diesem Fall sechs Monate alt mit einem Schlachtgewicht nicht über 24 kg), werden international auch noch solche mit 10 Monaten und mehr als „Lämmer“ tituliert. Für diesen Test jedoch hatten wir jene selektierte Frischware zur Verfügung, die bei Merkur angeboten wird und ebenfalls von rund ein halbes Jahr alten Lämmern aus dem Norden Neuseelands kommt. Anders beim Tiefkühl-Lamm, wo wir mit der internationalen Qualität vorlieb nehmen mussten. Strikte Chancengleichheit herrschte natürlich auch bei der minimalistischen Würzung: lediglich etwas Rosmarin, Olivenöl, Salz und Pfeffer. Auf den sonst bei Lamm meist obligaten Knoblauch verzichteten wir bewusst, um den puren Fleischgeschmack möglichst weit im Vordergrund zu lassen.

Ort der Handlung war der Merkur-Markt in Vösendorf, wo wir nicht nur alle gesuchten Testkandidaten, sondern auch jegliche gastronomische Unterstützung und eine Runde von Fleisch- und Küchenexperten für unseren Vergleich vorfanden. Gegrillt wurde immer parallel (Neuseeland und Österreich) direkt auf einem herkömmlichen Gerät, wobei als Brennstoff Holzkohlebriketts Verwendung fanden.

Die Ergebnisse. Womit wir schon bei den Resultaten wären. Gleich vorweg: Weit abgeschlagen landete die Tiefkühlware aus Neuseeland, deren intensiver Geruch und Geschmack von allen Verkostern als wenig ansprechend abgelehnt wurde. Textur und Mürbheit waren hingegen soweit in Ordnung. Unser Fazit lautet daher: Nur etwas für erklärte Liebhaber des Schöpsernen.
Schon knapper ging es bei den frischen Koteletts zu, letztendlich aber fiel die Entscheidung doch klar zugunsten der Österreicher aus. Zwar wurde das Fleisch aus Neuseeland als noch feinfasriger wahrgenommen als jenes aus dem niederösterreichischen Asperhofen, doch war bereits dieses von ausgezeichneter Zartheit. Und geschmacklich war das Bessere der Feind des Guten. Denn im direkten Vergleich wurde das Fleischaroma des Austro-Lammes als feiner und zugleich kräftiger wahrgenommen. Außerdem klang auch beim frischen Neuseeland-Lamm ebenfalls ein ganz leichter Schafs-Hautgout mit. So stand schon nach wenigen Bissen für alle sechs Teilnehmer der Sieger fest. Durchaus zur Überraschung des einen oder anderen, der vor diesem Test eher auf Neuseeland gesetzt hätte.

Einziger Wermutstropfen für den Konsumenten: Nicht immer ist österreichisches Lammfleisch in dieser Qualität verfügbar. Zwar gibt es immer mehr Landwirte, die sich der Schafzucht annehmen, jedoch ist das meiste Lammfleisch, das in der Gastronomie angeboten wird, von weit her zu uns „geschwommen“.

Quelle: GrillZeit 01/2007

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