Der Ganztagsjob

Beinfleisch am Rost

Natürlich wäre es ein Unding, Beinfleisch grillen zu wollen. Aber wir reden hier schließlich vom BBQ, das sich zum Grillen etwa so verhält, wie der stete Tropfen zu einem Platzregen. Es ist weit weniger intensiv, dauert um ein Vielfaches länger, höhlt aber schließlich den Stein, beziehungsweise das Kollagen. Denn diese Garmethode im sogenannten Niedertemperaturbereich hat diesbezüglich, aber auch hinsichtlich des Wohlgeschmackes wenig Konkurrenz.

Also wollten wir es wieder einmal wissen. Schließlich bringt das Beinfleisch interessante Voraussetzungen für das Garen im Smoker mit. Es ist intensiv im Aroma, gut mit Fett marmoriert und dazu noch ausgesprochen günstig. Andererseits landet es ansonsten so gut wie immer im Suppentopf, in dem es Stunden verbringt, um weich zu werden. Eine echte Herausforderung also für ambitionierte Röster.

Als Gerät wählten wir einen simplen Smoker – jene Gattung Grillgerät, die Uneingeweihte an eine Dampflokomotive im Miniaturformat erinnert. Sein Vorteil liegt darin, dass die Brennkammer vom Garraum getrennt ist, was eine langsame Garung bei moderaten Temperaturen ermöglicht. Ausserdem bringt diese Methode den typischen, roten  Barbecuerand unter einer dunklen Fleischoberfläche und das damit verbundene einmalige Barbecuearoma. Wofür letztlich allerdings auch die Wahl des Brennstoffes mit verantwortlich ist. Holzkohle ist da eher geschmacksneutral, Hartholz oft die bessere Wahl. In unserem Fall waren das gut getrocknete Buchenscheite und anfangs sowie gegen Ende sogar Wildkirsche – des feineren Rauchgeschmackes wegen.

Es lebe der kleine Unterschied. Wie der Feinspitz weiß, unterscheiden sich Rindfleischqualitäten nicht nur durch Kriterien wie Herkunft, Rasse, Fütterung, Reifung etc., sondern ganz entscheidend auch durch Geschlecht und Alter der Tiere. Also legten wir drei Sorten Beinfleisch auf den Rost: Jungstier (die übliche Qualität), Jungrind und Kalbin. Jeweils in Stücken von etwa 1 bis 1,5 Kilogramm, gewürzt lediglich mit Salz und Pfeffer.
Diese ließen wir im gut vorgeheizten Smoker und geöffneten Ventilen bei etwa 180 bis 200 Grad Farbe nehmen, um sie dann nahezu hermetisch in Alufolie zu packen. Wichtig ist bei diesen langen Garzeiten nämlich auch, dass der Fleischsaft bei der Sache bleibt, um ein Austrocknen des Bratens zu verhindern. Ausserdem wird so das Raucharoma verhaltener, als dies ohne der Fall wäre – auch ein Zugeständnis an europäische Geschmacksknospen, denn beim US-BBQ kann es gar nicht rauchig genug zugehen.
Die Brennkammer wurde dann nur mehr mit wenig Holz bestückt, damit sich die Temperatur bei etwa 120 Grad einpendelte. Gegen Ende der Garzeit packten wir die Fleischstücke wieder aus und pinselten sie die letzte halbe Stunde bei erneut forcierter Temperatur dann und wann mit einer einfachen Moppsauce ein.

  • Mischen Sie 1/2 Liter milden, verdünnten Weinessig
    Salz, schwarzer Pfeffer und
    1 kleine, fein gehackte Zwiebel 

Fazit. Zu unserer Überraschung brauchten alle drei Kandidaten nahezu gleich lange, um wirklich butterweich zu geraten. Nämlich in Summe fast sieben Stunden – der relativ niedrigen Temperatur wegen. Und sie waren auch geschmacklich auf der gleichen Höhe – zwar recht unterschiedlich, aber allesamt köstlich. Mit kleinen Unterschieden: Während die einen Testesser eher die zarte Kalbin oder das milde Jungrind bevorzugten, waren die anderen wieder vom kräftigen Aroma des Jungstiers begeistert.

Als Beilage passen perfekt und stilgerecht Süsskartoffel (etwa mit Creme Fraiche und Zimt), aber auch Mashed Potatoes oder geröstete Schwarzbrotscheiben. Und natürlich ein schöner Blattsalat, aber auch geschmortes Gemüse der Saison.

Quelle: GrillZeit 01/2009

BARBECUE
findet bei etwa 100 bis 120 Grad Celsius statt. Im Inneren des Fleisches wird so bei 63 bis 75 Grad das zähe, schwer essbare Kollagen in weiche, schmackhafte Gelatine um, die dem Fleisch seine Zartheit und Saftigkeit gibt. Allerdings sind für diese Umwandlung – je nach Fleischgröße – mehrere Stunden nötig. Direkt unter der Haut bildet sich dabei eine rosa, delikat schmeckende Fleischschicht, der sogenannte „Smoke Ring“. In ihm verbindet sich Stickstoffdioxid aus dem Rauch mit der Flüssigkeit des Fleisches zu salpetriger Säure. Diese zieht in das Fleisch ein und färbt das Myoglobin im Muskel rosa. Hat die Säure mehrere Stunden Zeit, kann der Smoke Ring über einen Zentimeter dick werden.

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