Einflussfaktoren auf die Fleischqualität

Tierärztliche Kontrolle nach der Schlachtung
Tierärztliche Kontrolle nach der Schlachtung

Bei vielen Tierarten gibt es hinsichtlich Konsistenz und Geschmack des Fleisches Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Fast immer wirkt sich das Alter auf die Fleischqualität aus. Auch die Haltungsbedingungen und die Fütterung sind maßgeblich für die Fleischqualität. Selbstverständlich sind die verschiedenen Fleischteilstücke von unterschiedlicher Qualität. Und schließlich spielen die Behandlung der Tiere beim Transport und der Schlachtung und die weitere Verarbeitung der Schlachtkörper und des Fleisches eine wesentliche Rolle. Nach der Reifung und Zerlegung hat die Lagerung großen Einfluss auf die Fleischqualität, und am Ende der Produktionskette ist natürlich die Zubereitung von Bedeutung (siehe dazu auch Abbildung 1).

In der Folge sind die qualitätsbestimmenden Faktoren von der Aufzucht der Tiere bis zur Reifung des Fleisches beschrieben.

Genetik
Mit der Auswahl der Genetik legt der Landwirt den Grundstein für die Fleischproduktion, die anderen Faktoren bauen darauf auf oder müssen darauf abgestimmt werden1. Mit welcher(n) Rasse(n) der Betriebsführer arbeitet (Mast von reingezüchteten Tieren oder Tieren aus Gebrauchskreuzungen), ist abhängig von den betriebswirtschaftlichen und individuellen Gegebenheiten.

Kategorie
Unter Kategorie verstehen Augustini und Weiszmann2 das Geschlecht und das Alter der Masttiere bei der Schlachtung. Das Geschlecht wirkt sich ab einem gewissen Alter bei fast allen Tierarten auf die Mast- und Schlachtleistung sowie auf die Fleischqualität aus1.

Teilstück
Die Teilstücke, die sich nach der Zerlegung des Schlachtkörpers ergeben, unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Gewebszusammensetzung (siehe Abbildung 2,3,4). Deshalb sind sie nicht für jede Zubereitungsart gleich gut geeignet. Der Gehalt und die Vernetzung des kollagenen Bindegewebes spielen hierbei die entscheidende Rolle. Je höher der Anteil an Bindegewebe im Muskel ist, desto zäher präsentiert sich das Fleisch3.  

Mit ansteigendem Alter der Tiere verändert sich auch die Beschaffenheit des Bindegewebes. Es bilden sich immer mehr Quervernetzungen aus, die das Fleisch ebenfalls zäher werden lassen. Muskeln mit einem geringen Bindegewebsanteil (z. B. Lungenbraten) sind deshalb dem Alterseffekt weniger ausgesetzt als Muskeln mit hohem Bindegewebsanteil3.  

Details zu den Teilstücken und zu ihren Verwendungsmöglichkeiten finden Sie bei der jeweiligen Tierart (unter dem Navigationspunkt „Über Fleisch”).

Fütterung
Die verschiedenen Futtermittel wirken sich wegen ihrer unterschiedlichen Zusammensetzung differenziert auf die Fleischqualität aus. Das ist auf die unterschiedliche Höhe der Energiekonzentration zurückzuführen sowie auf den unterschiedlichen Gehalt an Inhaltsstoffen3. Je energiereicher das Futter ist, desto stärker sind die intramuskuläre Fetteinlagerung und die intermuskulären Fettauflagen (Fettabdeckung).  

Die Fütterung mit Getreide oder Mais beeinflusst beispielsweise die Konsistenz des Fettes.  

Spezifische Futtermittel können gezielt eingesetzt werden, um Farbe oder Geschmack zu beeinflussen. Beispiele dafür sind die gelbliche Fleischfarbe von Hühnern, die vorwiegend mit Mais gemästet werden, oder der besondere Geschmack des Iberischen Schwarzfußschweins, das sich in den letzten Monaten vor der Schlachtung hauptsächlich von Eicheln ernährt.

Die folgende Tabelle zeigt den Fütterungseinfluss auf die Beschaffenheit von Fleisch:

               Fütterungseinfluss auf die Fleischbeschaffenheit
Fettgehaltgering bis mittel
Essentielle Fettsäurensehr hoch
Fettzusammensetzungsehr hoch
Fettkonsistenzsehr hoch
Haltbarkeit des Fettessehr hoch
Fettaromasehr hoch
Cholesteringering
Fettlöslichkeit org. Substanzenhoch
Fettlösliche Vitaminemittel
Mineralstoffesehr gering
Eisenmittel
Schwermetallemittel bis hoch
Radionuklidehoch
Wasserlösliche Vitaminegering
Pilztoxinemittel
Ökologische Aspektesehr hoch
Ethologische Aspektegering
Tiefer pH-Wert, PSEsehr gering
Hoher pH-Wert, DFDsehr gering
Safthaltevermögensehr gering
Keimbelastungsehr gering
Proteinverderbsehr gering
Essentielle Aminosäurensehr gering

Tabelle: Wetscherek W.

Haltung

Die Tiere können in verschiedenen Haltungssystemen aufgezogen werden. Im Groben kann man zwischen Freilandhaltung und Stallhaltung unterscheiden, und hier wieder zwischen verschiedenen Stallsystemen.  

Tiergerechte Haltungsbedingungen (siehe auch Haltung & Fütterung) fördern das Wohlbefinden und die Vitalität der Tiere. Der Gesundheitsstatus wiederum beeinflusst die Futteraufnahme, die Zunahme, den Nährstoffansatz und die Schlachtreife und somit auch die Schlachtleistung und Fleischqualität1. Intensive Haltungsformen führen zu einer frühen Schlachtreife, extensive Haltungsformen führen zu einer späten Schlachtreife.  

Eine immer größer werdende Konsumentengruppe legt besonders auf tiergerechte Haltungsformen großen Wert, für sie ist somit die Erzeugungsqualität ein wichtiges Qualitätsmerkmal2.

Transport
Die Umgangsweise mit den Tieren beim Transport war in den letzten Jahren ein in den Medien oft angesprochenes Thema. Vor allem die Sichtweise des Tierschutzes hat die Konsumenten zunehmend sensibilisiert. Es haben aber auch die dem Landwirt nachgelagerten Fleischverarbeitungsbetriebe erkannt, dass eine hohe Produktqualität nur über eine tiergerechte Behandlung der Schlachttiere beim Transport zu erreichen ist4.  

Entscheidend sind der Umgang mit den Tieren beim Auf- und Abladen und während des Transportes Faktoren wie beispielsweise die Länge des Transportes, der Platz, der den Tieren zur Verfügung steht, nach Möglichkeit Ruhe, die Versorgung mit Futter und Trinkwasser oder die Belüftung.

Die Möglichkeit schwerer transportbedingter Hämatome und Quetschungen steigt mit zunehmender Ladedichte an. Die Schäden können so ein Ausmaß annehmen, dass der Schlachtkörper als untauglich eingestuft werden muss4. Stresshormone, die sich nach der Schlachtung noch im Körper der Tiere befinden, führen ebenfalls zu einer verminderten Fleischqualität (z. B. pH-Wert-Verlauf und PSE-Fleisch bei Schweinen).  

Tierschutzrelevante Sachverhalte den Tiertransport betreffend sind im Tierschutzgesetz und im Tiertransportgesetz geregelt.

Schlachtung
Die schonende Behandlung der Tiere am Schlachthof ist aus der Sicht des Tierschutzes sowie für den Schlachtbetrieb und die ihm nachgelagerten Stufen von größter Bedeutung und hat entscheidenden Einfluss auf die Fleischqualität5.  

Genauso wie der Transport der Tiere ist auch der Prozess der Schlachtung ein Thema, auf das der Konsument sehr sensibel reagieren kann. Tierschutzrelevante Sachverhalte im Zusammenhang mit der Schlachtung von Tieren sind im Tierschutzgesetz und der Tierschutz-Schlachtverordnung geregelt.  

Ein Faktor, der die Fleischqualität sehr stark beeinträchtigen kann, ist der Stresseinfluss vor der Schlachtung. Als besonders belastend gelten Transport zum Schlachthof und das gemeinsame Warten der Tiere auf die Schlachtung4. Hier sind die erforderlichen Ruhezeiten einzuhalten und neben einer Versorgung mit Futter und Trinkwasser gegebenenfalls für eine Wasserberieselung zu sorgen. Auch beim Zutrieb zur Tötungsbucht müssen Stress verursachende Faktoren minimiert werden6.  

Die Art der Betäubung wirkt sich laut Littmann6 ebenfalls auf die Fleischbeschaffenheit aus. Von großer Relevanz ist weiters der Zeitraum zwischen Betäubung und Entblutung.    

Kühlung
Die Kühlung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Fleischqualität. Sie soll nach der Schlachtung einer schnellen Keimvermehrung vorbeugen und so den Fleischverderb verhindern. Hohe Temperaturen im Fleisch führen zu rasch ablaufenden biochemischen Reaktionen, die zur Ausprägung von PSE-Fleisch führen können. Eine zu schnelle Kühlung des Schlachtkörpers (unter 10°C) vor Eintritt der Totenstarre kann im Muskel eine Kälteverkürzung (Cold Shortening) verursachen, wenn der pH-Wert noch über pH 6,2 liegt1. Solches Fleisch ist zäh und hat laut Steinwidder auch ein geringes Safthaltevermögen. Um Cold Shortening zu vermeiden, wird der Schlachtkörper die ersten 10 Stunden nicht unter 10°C gekühlt.  

Bei starker Fettabdeckung des Schlachtkörpers und starker Ausprägung der Muskulatur ist die Gefahr von Cold Shortening geringer, da der Temperaturabfall langsamer vonstatten geht und die Glykolyse rascher abläuft3.  

Nach Dransfield7 kann eine durch Kälteverkürzung entstandene Zähigkeit des Fleisches auch durch eine anschließende Fleischreifung kaum noch wettgemacht werden.

Reifung
Um gute Fleischqualität zu erzeugen, ist eine Reifung des Fleisches notwendig. Durch die Reifung wird die Zartheit des Fleisches verbessert und das Fleisch bekommt ein volleres Aroma1. Laut Augustini und Weiszmann2 nimmt auch die Saftigkeit zu, wenn ein ausreichender Fettgehalt im Fleisch vorhanden ist. Die Tierart, das Geschlecht, die Rasse, die Verfettung einerseits und die Lagerungsart, die Temperarturführung, die Luftzirkulation und die relative Luftfeuchtigkeit andererseits sind jene Faktoren, die den Reifungsprozess bestimmen.  

Die natürliche Fleischreifung ist eine Reihe biochemischer Reaktionen, die nach der Schlachtung im Muskelfleisch stattfinden. Verschiedene fleischeigene Enzyme bewirken diese Prozesse und fördern so die Genussfähigkeit von Fleisch.  

Durch die Schlachtung wird die Sauerstoffzufuhr zum Tiermuskel unterbunden und dadurch das im Muskel vorhandene Glykogen (Stärke) teilweise zu Milchsäure abgebaut. Dieser Prozess wird als anaerobe Glykolyse bezeichnet. Die Glykogenreserven werden durch diesen Vorgang kontinuierlich reduziert und letztendlich erschöpft. Es kommt zum Eintritt der Totenstarre.  

Durch die Anhäufung des Stoffwechselproduktes Laktat (Salz der Milchsäure) sinkt der Muskel-pH-Wert innerhalb weniger Stunden von pH 6,8 bis 7,2 auf pH 5,5. Man bezeichnet diesen Prozess auch als Säuerung. Die Geschwindigkeit dieses Prozesses und der End-pH-Wert sind von großer Bedeutung für den Reifungsprozess und die Lagerfähigkeit und somit für die Qualität des Fleisches.

Je nach Tierart, Wärme und anderen Faktoren beträgt die Zeitspanne des pH-Wert-Abfalls zwischen einer und 24 Stunden. Beim Schwein tritt die Starre beispielsweise bereits nach ca. 45 Minuten ein, beim Rind jedoch aufgrund der höheren Glykogenreserven erst nach ca. 24 Stunden.  

Die Säuerung bewirkt neben der konservierenden Wirkung auch eine Veränderung der Eiweiße, das „Stocken“. Dadurch kommt es zu einer Auflockerung der Struktur und einer Aufhellung der Fleischfarbe. Muskeleigene Enzyme spalten die Bindegewebsbrücken der Fleischfasern auf und bilden Aromastoffe.  

Die Fleischreifung ist dann abgeschlossen, wenn die Totenstarre durch die Eiweißzersetzung vollständig gelöst ist. Ab diesem Zeitpunkt ist das Fleisch aromatisch und zart.  

Je nach Tierart benötigt die Fleischreifung unterschiedlich viel Zeit. Während sie beim Schweinefleisch innerhalb von 24 bis 36 Stunden abgeschlossen ist, dauert sie beim Rindfleisch ca. zwei Wochen.    

Der Reifungsprozess muss unter kontrollierten Bedingungen (Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit) erfolgen. Je höher die Temperatur, desto größer ist die Reifungsgeschwindigkeit, bei zu hohen Temperaturen ist jedoch die Gefahr des Fleischverderbs leichter gegeben.  

Heute erfolgt die Fleischreifung sehr häufig im Vakuum. Dazu wird das Fleisch in seine Teilstücke zerlegt, die luftdicht vakuumiert und gekühlt gelagert werden. Bei dieser Reifungsart ist der Verderb durch aerobe Mikroben ausgeschaltet. Der Reifungsprozess erfolgt im Vakuum deutlich langsamer. Rindfleisch erreicht beispielsweise seine optimale Qualität, wenn es etwa einen Monat im Vakuum gereift ist. Der Vorteil der Reifung im Vakuum besteht darin, dass man das verpackte Fleisch zur Lagerung platzsparend in Kisten verpacken und stapeln kann. Weiters kann man das Fleisch im Vakuum ohne Auswirkung auf seine Zartheit auch länger als einen Monat bis zum angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatum reifen lassen8.  

Quellen: 1) Steinwidder 2003, 2) Augustini und Weiszmann 1999,
3) Augustini und Fischer 1998, 4) Troeger 1995, 5) Troeger 1999,
6) Littmann 2000, 7) Dransfield 1994, 8) Eichhorn 2010, DFS


Information

Tierärztliche Kontrolle nach der Schlachtung
Tierärztliche Kontrolle nach der Schlachtung
Tierärztliche Kontrolle nach der Schlachtung
Tierärztliche Kontrolle nach der Schlachtung
zurück zur Übersicht

Verwandte Beiträge

Tierärztliche Kontrolle nach der Schlachtung

Messbare Faktoren der Fleischqualität

Während die meisten Faktoren, die den Genusswert beeinflussen, bei frischem Fleisch subjektiv ...