Dry Aged Pork

Besser als Frischfleisch?

Trocken gereifter Schopfbraten
Trocken gereifter Schopfbraten

Zwar ist die Reifung bei Schweinefleisch bei weitem nicht von der gleichen Bedeutung wie am Rindfleischsektor, doch wird „Frischfleisch“ im engeren Sinn des Wortes von Topköchen und anderen Eingeweihten auch hier weitgehend gemieden. Denn die ersten paar Tage nach der Schlachtung ist das Fleisch fürs Kurzbraten und Grillen schlicht völlig ungeeignet – das Fleisch wird trocken und hart. Wohl auch aus diesem Grund kennt der in Österreich weit verbreitete Brauch des „Sautanzes“ bzw. „Schlachtfestes“ nur Langzeit-Garmethoden, die das Reifungsdefizit kompensieren.  

Während also ordentliches Schweinefleisch ohnehin erst nach einigen Tagen im Kühlhaus in die Zerlegung kommt, hängt das, was sich wirklich als „Dry Aged Pork“ bezeichnen darf, dort für etliche Wochen ab. Tunlichst im Ganzen, respektive als Stutzen – wie der Schlögel mit dem anhängenden Karree in Fachkreisen bezeichnet wird. Natürlich macht es nur Sinn, gute bis sehr gute Schweinefleischqualitäten durch eine längere, kontrollierte Reifung weiter zu veredeln. Denn nur festes, weißes Fett und gut marmoriertes Muskelfleisch verträgt diese Behandlung bzw. profitiert auch davon. Ist das Fleisch hingegen etwas wässrig und/oder das Fett teigig, sind bakterielle und geschmackliche Probleme vorprogrammiert.  

Der Vergleich. Wir haben den Weinviertler Fleischermeister Franz Hofmann gebeten, für uns die Edelteile eines seiner „Strohschweine“ auf diese Art zu reifen, um es mit einem ungereiften Artgenossen vergleichen zu können. Dieses Qualitätsprogramm zeichnet sich nicht nur durch die sympathische Haltung der Tiere auf Stroh aus, sondern auch durch die getreidelastige Fütterung, die für die Qualität des Fettes sehr vorteilhaft ist.

Volle 26 Tage hingen die beiden Strohschwein-Stutzen bei 2 Grad Celsius im Kühlhaus, bevor sie zerlegt wurden. Genauer in Augenschein genommen haben wir dann das Karree, das zu den besten und beliebtesten Teilstücken für den Grill zählt. Aus dem Schopfbraten und dem Kurzen Karree haben wir fast drei Zentimeter starke Scheiben geschnitten, gesalzen, in der heißen Pfanne gut angebraten und dann bei etwa 120 Grad im Ofen nachgegart. Ein Procedere, das zumindest vom Garungszustand her ähnliche Ergebnisse liefert wie am Rost, wo wir Koteletts dieser Größenordnung erst heiß direkt und dann bei verhaltener Temperatur indirekt fertig grillen würden.

Die Ergebnisse. Den größten Unterschied zwischen gereiftem und ungereiftem Strohschwein haben wir im Geschmack festgestellt. Das Fleisch mit 26 Tagen Kühlhaus-Geschichte war überraschenderweise zugleich reiner und intensiver im Fleischaroma, kein bisschen ranzig oder muffig, sondern mit einem sympathischen, leicht nussigen Geschmack, der durch die Bank als besonders angenehm wahrgenommen wurde. Von der Textur und der Zartheit her war das gereifte Fleisch ebenfalls überlegen, wenn auch nicht mit jener Deutlichkeit, die wir von Rindersteaks her kennen. Im direkten Vergleich aber waren die Unterschiede im Biss besonders auch bei der kritischen Karreerose gut erkennbar, der trocken gereifte Schopfbraten überhaupt ein Gedicht.  

Noch ist „Dry Aged Pork“ kein Allerweltsthema und eher der Spitzengastronomie und der Feinschmecker-Nische vorbehalten. Doch Franz Hofmann bietet jetzt erstmals ein kleines, feines Sortiment für Grillfans in seinen Filialen an und auch  Grillwelt- und Fleischermeister Adi Matzek in Horn offeriert seinen Kunden trocken gereifte Topqualitäten vom Schweinefleisch. Und da sich der Gewichtsverlust beim Dry Aging von Schweinefleisch (im Vergleich mit Rindfleisch) eher in Grenzen hält, hält sich auch der Aufpreis zur guten Grundqualität im Rahmen.

Quelle: GrillZeit 02/2013

Trocken gereifter Schopfbraten
Trocken gereifter Schopfbraten
Trocken gereifter Schopfbraten
Trocken gereifter Schopfbraten

TIPP:
Theoretisch ist es möglich, Schweinefleisch auch selbst zu reifen. Dafür brauchen Sie allerdings einen Kühlschrank mit 1 bis 2 °C konstanter Temperatur, Umluftkühlung und einer Luftfeuchtigkeit von max. 80 %. Auch dürfen keine anderen Lebensmittel darin lagern.

zurück zur Übersicht